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Religiolexikon

Christengemeinschaft

GND-Nummer

4010072-8

Oberbegriff
  • Organisation
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Kurztext

Die Christengemeinschaft ist eine christliche Sekte, die ihre Wurzeln in der gnostischen Verbindung von Anthroposophie und Christentum hat. Sie wurde 1922 in Dornach unter der Leitung von Friedrich Rittelmeyer und durch die Hilfe von Rudolf Steiner gegründet.

Haupttext

Die Christengemeinschaft geht im Wesentlichen auf zwei Personen zurück, auf Rudolf Steiner (1861 - 1925) und den evangelischen Pfarrer Friedrich Rittelmeyer (1872 - 1938).

Steiner hatte 1900 sein religiöses Schlüsselerlebnis und entwickelte in der Folge eine Einheitsschau von Wissenschaft, Kunst und Religion, die er Anthroposophie nannte und von der u. a. Anregungen auf die Pädagogik (Waldorfschulen) und den Kultus (Christengemeinschaft) ausgingen. Steiner hatte seine Lehre in Vortragsreihen einer interessierten Hörerschar vorgetragen. Diese Theorie stellt ein Selbsterlösungskonzept des Menschen mittels einer Ganzheitsschau des Menschen dar, welches eine Mischung aus christlichem und indischem Gedankengut darstellte. Hierbei lehnte sich Steiner an die Theosophie an.

Friedrich Rittelmeyer stammt aus Franken und war erst in Nürnberg, später in Berlin evangelischer Pfarrer. Er hatte sich schon vor seiner Berliner Zeit mit Rudolf Steiner beschäftigt, war ihm auch begegnet. Er hörte in Berlin die Vorträge Steiners und war von ihm so begeistert, dass er 1922 in Stuttgart eine eigene Kirche, die Christengemeinschaft, gründete. Er versuchte Steiners anthroposophische Erkenntnisse mit der biblischen Verkündigung zu verbinden in der Ueberzeugung, dass sich erst dadurch der tiefste Sinn der Heiligen Schrift erschliesse. über Steiner urteilte er so: "Nicht ein Pfarrer, auch nicht ein Prophet: der Wissende einer Wirklichkeit stand vor uns"; und "Eine neue Christusverkündigung stand vor mir. Eine neue Christuszeit zog herauf." (Rittelmeyer, Friedrich: Meine Lebensbegegnung mir Rudolf Steiner. 1928. Zitiert nach: Hutten Kurt: Seher Grübler Enthusiasten. Sekten und religiöse Sondergemeinschaften der Gegenwart. Stuttgart: Quell-Verlag, 1966 S. 394)

Viele der ersten Anhänger der Christengemeinschaft kamen aus der Jugendbewegung, die meisten waren Studenten. Sie waren von der Katastrophe des Ersten Weltkrieges geprägt und suchten neue Orientierungen, ein neues Wertesystem. Ihnen ging es um die Erneuerung des Christentums, sie erwarteten entscheidende Impulse von der Anthroposophie Steiners. Steiner unterrichtete die Suchenden in einer Vortragsserie, deren geistliches Ergebnis es war, "als Träger eines neuen Priesterauftrages sollten wir in die Welt hinausziehen." Sie traten mit dem Anspruch auf, eine neue Kirche zu bauen in dem Bewusstsein, dass die alten Kirchen nicht mehr wirklich die Gemeinschaft der Christen seien. In Anwesenheit Steiners wurde am 16. September 1922 die erste Menschenweihehandlung durch Friedrich Rittelmeyer vollzogen. Er legte sein Pfarramt nieder und wurde fortan als Erzoberlenker der geistige Führer der Christengemeinschaft. Nach seinem Tod 1938 gab es folgende Erzoberlenker:

  • Emil Bock (1938-1959)
  • Rudolf Frieling (1959-1986)
  • Taco Bay (1986-2005)
  • Vicke von Behr-Negendanck (seit 2005)

Es waren vor allem Akademiker und Künstler, die sich der Bewegung anschlossen. 1933 wurde in Stuttgart ein Priesterseminar errichtet. 1935 wurde die Christengemeinschaft zusammen mit der Anthroposophischen Gesellschaft verboten, durch Intervention Rittelmeyers noch einmal zugelassen und 1941 dann endgültig verboten. 1945 konnte dann die Arbeit in allen Besatzungszonen wieder aufgenommen werden.

Die Christengemeinschaft ist hierarchisch aufgebaut. An der Spitze steht der Erzoberlenker. Er wird von zwei Oberlenkern, Lenkern und der Priestersynode beraten. Die Lenker üben in ihrem Gebiet die Funktion von Bischöfen aus. Frauen stand von Anfang an der Zugang zum Priesteramt offen. Die Zahl der Mitglieder in Deutschland liegt bei etwa 20 000 Personen.

Im Mittelpunkt des Gemeindelebens stehen Kulthandlungen, insbesondere die Menschenweihehandlung, die täglich vollzogen wird. Der Kultus wird unter Beachtung des christlichen Kirchenjahres nach festgelegten liturgischen Formen von Priestern gehalten. Die Amtsträger erhalten eine Ausbildung und sind fest angestellt. Für eine Aufnahme in die Christengemeinschaft ist die Beziehung zum Kultus und den Sakramenten ausschlaggebend. Kirchenaustritt wird nicht erwartet, Doppelmitgliedschaft kommt vor.

Die Christengemeinschaft versteht sich selbst als religiöse Erneuerungsbewegung in einer geistesgeschichtlichen Umbruchsituation. Sie bietet den Weg des Kultus an. Die Christengemeinschaft feiert wie die Katholische Kirche sieben Sakramente, die alle "in erneuerter Form" vorliegen.

  1. Taufe
  2. Konfirmation
  3. Beichtsakrament
  4. Menschenweihehandlung (der regelmäßige Gottesdienst)
  5. Trauung
  6. Priesterweihe
  7. Sterbesakrament
Zusammenfassung

Da die Christengemeinschaft in ihrer Substanz von der anthroposophischen Weltanschauung geprägt ist,  muss sie aus konfessionskundlicher Sicht als Sekte bezeichnet werden. Sie ist  mit dem biblisch begründeten christlichen Glauben nicht vereinbar, obwohl ihr Kultus sich am Christentum orientiert.

Kritische Links
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Autoren Winfried Müller