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Religiolexikon

Transzendentale Meditation

GND-Nummer

4117244-9

Oberbegriff
  • Organisation
Synonyme
  • TM
Verwandte Begriffe
Kurztext

Die Transzendentale Meditation ist eine neohinduistische religiöse Organisation, die auf einen Inder namens Mahesh Prasad Warma (alias Maharishi Mahesh Yogi) [*12. 01. 1911; +05.02.2008] zurückgeht.. Dieser wurde um das Jahr 1911 geboren.  "am 12. Januar, an eben jenem Tag, an dem er so werbewirksam durch das Fenster der Wissenschaft die kommende Morgendämmerung des Zeitalters der Erleuchtung erblickt hat." (Haack, Friedrich-Wilhelm: Transzendentale Meditation. 2.Aufl. München, 1980, S. 5)

Haupttext

Als junger Mann verbrachte er nach seinen eigenen Aussagen dreizehn Jahre bei einem Meditationslehrer "His Holyness Guru Dev". Eine Widmung von 1969 hört sich so an:

"An die Lotosfüße von Shri Guru Deva, His Divinity (Seine Göttlichkeit) Swami Brahmananda Saraswati, Jagadguru Bhagwan Shankaracharya von Jyotir Math, Himalaya; und als sein Segen an die, die das Leben lieben, die Verlangen in sich tragen, sich allen Glanzes zu erfreuen, weltlich und göttlich." (Haack, a.a.O.S. 5)

Nach dem Tode seines Meditationslehrers sei er "nach Norden, später nach Süden ohne Zweck und Ziel" (Haack, a.a.O. S. 5) gegangen. Nach dieser Wanderschaft wurde er am 1. 1.1 958 in Madras während einer Gedenkveranstaltung für seinen Lehrer Guru Def "erleuchtet":

"Ganz plötzlich sprach ich es aus. Ohne nachzudenken kam es mir: Spiritual Regeneration Movement (Geistige Erneuerungsbewegung), um die Welt zu erneuern. Wieder gab es fünf Minuten währendes Beifallsklatschen. Auf diese Weise wurde SRM geboren." (Haack, a.a.O.S. 6)

Es ist unstrittig, dass am Anfang der Bewegung um Maharishi Mahesh Yogi ein eindeutig religiöser Stiftungsakt auf dem Boden des Hinduismus stand. Die Biographie des Stifters ist typisch für einen hinduistischen Wanderheiligen. Diese Tatsache wird in den modernen Werbeaktionen für die Transzendentale Meditation gern verschwiegen, man will ja nicht Religion sein, sondern eine ernstzunehmende "Wissenschaft".

Unmittelbar nach seiner Bekehrung wird Maharishi in die USA eingeladen, um indische Weisheiten in Vorträgen zu verbreiten. Das war 1958. Dort findet er ein begeistertes Publikum: Sein Aufruf zur Erneuerung der Welt, zur spirituellen Erneuerung, fällt auf fruchtbaren Boden. Seine Lehre wird als "Wissenschaft der Kreativen Intelligenz (WKI) gefeiert. Man bedenke, dass Mitte der fünfziger Jahre in den USA (McCarthy-Aera) der Boden für einfache Lösungen komplizierter Probleme ideal war. Einerseits tobte der Kalte Krieg mit seiner Atomhochrüstung, andererseits gab es schwere innenpolitische Auseinandersetzungen um die nationale Identität in Amerika (Unamerikanisches Verhalten). Dazu kam noch ein relativer Wohlstand und die damit verbundene geistige und materielle Übersättigung. Die Situation schrie geradezu nach "aufregenden", "ungeheuren" und "neuen" Denkansätzen. Hinzu kam das typisch abendländische kulturelle Minderwertigkeitssyndrom, dass der Untergang des Abendlandes unmittelbar bevorstünde (vgl. hierzu: Eduard Spengler: Der Untergang des Abendlandes), da dieser übersättigte Wohlstand angesichts der vielen zu lösenden Weltprobleme und der innenpolitischen und sozialen Fragen wohl auf die Dauer nicht gut gehen könne. Diese Zeit hoffte aber auch auf einen kulturellen und religiösen Schub aus dem Osten, ex oriente lux, hieß die Losung.

Maharishi Mahesh Yogi verkündete nun eine Selbsterlösungstechnik, die es dem Abendländer gestattete, seine banale Wirklichkeit zu "transzendentieren". Der Gedanke der Selbsterlösung ist für hinduistisches Gedankengut typisch. Alle genuin indischen Religionen haben diesen Gedanken in ihrer Lehre verankert. Er entspricht wohl auch dem uralten Traum des Menschen, alle seine Belange in die eigenen Hände zu nehmen. Damit wurden aber auch Dinge gelehrt, die sonst nur indische Heilige konnten, ein orientalisches Mysterium wurde der interessierten Öffentlichkeit wohlfeil dargeboten. Sie wurde zuerst für eine freie Gabe vermittelt, später für den Preis eines Wochenlohnes. Damit war die Bewegung auch wirtschaftlich auf ein solides Fundament gestellt. Die weitere Entwicklung war nun nicht mehr aufzuhalten:

Einige bedeutende Schritte:

  • 1962 bestanden in der Bundesrepublik schon 18 Zentren mit 7000 Meditierenden
  • 1965 Gründung der ersten Studentenbewegung "Academic Meditation Society"
  • 1967 Einweihung der Beatles in diese Technik.

In der weiteren Entwicklung wurden eine Fülle von Organisationen mit immer abenteuerlicheren Abkürzungen gegründet. Ich nenne nur einige:

  • MIU = Maharishi International University
  • MERU = Maharishi European University

Die Gründung von sogenannten Universitäten ist für den Autoritätsbeweis der TM-Technik notwendig, zielt TM doch hauptsächlich auf die Intelligenz. Das Welterneuerungskonzept wurde 1975 von Maharishi so in Worte gefasst:

"Nach fünf oder sechs Jahren, in denen fast eine Million Menschen die Technik der Transzendentalen Meditation erlernt hatten, bemerkte ich die ersten Anzeichen des Phänomens des Zeitalters der Erleuchtung." TM sei mit der Quantenphysik vergleichbar und zwar bezüglich des jeweiligen "Zustandes der geringsten Anregung. Bis zu diesem Zeitpunkt war es das Ziel des Programms der Transzendentalen Meditation, das Leben von Problemen und Leiden zu befreien. Wir wollten das uralte Mißverständnis, dass das Leben ein Kampf sei, beseitigen. Aber es ist niemals genug, keine Probleme zu haben. Es ist natürlich der erste Schritt - ebenso wie man als erstes Licht in die Dunkelheit bringt. Aber es ist nicht genug, nur Licht zu machen: man muss auch wissen, was man im Licht tun will. Ebenso ist es nicht genug, ein Leben frei von Schmerz, Leiden, Problemen und Fehlschlägen zu schaffen: es muss auch für die Entfaltung aller höheren Möglichkeiten jedes Menschen in der Welt gesorgt sein. Licht zu bringen ist der erste, lebensnotwendige Schritt, der den Boden für eine schnellere Entwicklung, mehr Erfolg und Glück bereitet". Schließlich hätten ihn die Erfahrungen seiner MIU-Wissenschaftler völlig überzeugt, dass heute mittels seiner Technik (der TM) "jeder Mensch der Supermann der Vergangenheit werden kann ... alle Super-Qalitäten werden automatisch sein tägliches Leben bestimmen, denn es wird auf der Ebene aller Möglichkeiten ablaufen. Ich möchte betonen, dass ich mich hiermit nicht in den Bereich des Mystizismus oder der Mysterien begebe. Es handelt sich hier um nichts als reine Wissenschaft, und wenn ich sage reine Wissenschaft, dann meine ich die reine Wissenschaft des Jahres 1975. Es ist nicht meine Verantwortung, wenn einige gerühmte oder bekannte Wissenschaftler ihre Ohren verschließen. Es ist schon immer das Schicksal aller großen wissenschaftlichen Entdeckungen gewesen, die Wissenschaftler ihrer Zeit zu schockieren. Wenn ich sage,dies ist Wissenschaft, dann meine ich Wissenschaft und ich bin sehr glücklich, in diesem Sinne heute die feierliche Eröffnung der MERU begehen zu können." (Haack a.a.O.S. 7f.)

Dieses Zitat zeigt sehr deutlich den Ansatz und die Arbeitsweise der Transzendentalen Meditation. Indem sie sich in akademische Bereich einschleicht, versucht sie den Anschein zu erwecken, bei der von ihr propagierten Methode handele es sich um ein wissenschaftliches Verfahren. Dazu ist jedes Mittel recht. An oberster Stellen stehen hier die "Gutachten" der sog. Wissenschaftler der sekteneigenen "Universität", gefolgt von Aussagen ahnungsloser Wissenschaftler, die über die wahre Natur der Sekte im Unklaren gelassen worden sind und deren Äußerungen aus dem Zusammenhang gerissen wurden.

Maharishi Mahesh Yogi starb am 5. Februar 2008 in seinem Haus im niederländischen Vlodrop.

Welche Methoden werden angewandt?

Der Guru ist der oberste Chef. Nur er allein besitzt alle  Mantren ("individuell zu nutzende Klangkombinationen, die in mehrsilbige Wörter gekleidet sind"). Der Guru oder von ihm beauftragte Lehrer der Transzendentalen Meditation, verleiht diese Mantren dem Adepten der TM. In der Regel läuft die Mitgliederbeschaffung etwa so ab:

1. Informationsveranstaltung. Dort wird Interesse geweckt. Meist werden "Suchende" angesprochen, Leute, denen ihre eigene Existenz fragwürdig ist, die über den Materialismus unserer satten Zivilisation schimpfen, die unter Entfremdungserscheinungen leiden. In der Regel sind das akademisch gebildete Personen. An diesen Veranstaltungen kann jedermann teilnehmen, sie sind kostenlos. Wobei es fast wie ein Witz wirkt, dass die Universität Jena diesen Sektenlehrern 1990 auch noch ein Gastvorlesungshonorar zahlte.

2. Akt der Einweihung. Diese vollzieht sich vor dem Bild des Guru Dev, dem Lehrer von Maharishi Mahesh Yogi. Der Neuling bekommt durch seinen Lehrer eine Meditationssilbe zugeflüstert, gleichzeitig mit dem Auftrag, diese unter keinen Umständen anderen Menschen mitzuteilen. Sie sei auf den Meditierenden zugeschnitten.(Haack, a.a.O. verweist mit Recht darauf, dass der Vorrat an solchen Silben doch in der Praxis sehr begrenzt ist, so dass Wiederholungen die Regel sind.) Die Geheimhaltung der Mantren ist gleichsam der Kitt, der die Organisation zusammenhält. Die Adepten der TM fühlen sich als etwas besonderes, als Leute, die mehr wissen als die "gemeine Masse". Das sind übrigens ganz alte Methoden, sie spielten schon im Imperium Romanum in den Mysterienreligionen der Antike eine große Rolle. Die Adepten werden durch die Mantren in psychische Abhängigkeit gebracht, da sich nach der Meinung der TM-Lehrer die Mantren gegen den wenden, der sie preisgibt. Es wird also  magische Abhängigkeit geschaffen. Die Mantren werden nach dem Lebensalter vergeben, Beispiele lauten:

  • aing 18 - 19 Jahre
  • aim 20 - 21 Jahre
  • ainga 22 - 23 Jahre
  • aima 24 - 25 Jahre
  • shirim 26 - 29 Jahre

(vgl. hierzu: Haack a.a.O. S. 11)
Auf der Handhabung dieser Mantren wird eine komplette Liturgie und Dogmatik aufgebaut, ein magisch-mystisches Gedankenkonstrukt.

3. Kosten: TM bietet seine Meditationstechnik als Ware zu hohen Preisen an. Was teuer ist ist gut, was gut ist muss verkauft werden. Im Februar 2011 wurden anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums der TM in Deutschland die Kurse für 1000 Interessierte zum halben Preis [Stand:02.02.2011] angeboten. Ziel ist es, möglichst komplizierte und langjährige Kurse anzubieten, die man sich dann auch recht gut bezahlen läßt. Derzeit liegen die Gebühren etwa bei etwa 1.170 €, die man natürlich auch bequem in Raten zahlen kann ...

Zusammenfassung

Die Transzendentale Meditation stellt sich mir als esoterisch aufgemotztes kommerzielles Heils- und Heilungsangebot dar. Den Bezug auf "uralte indische" Meditationspraxen halte ich für einen Marketing-Gag, um betuchte Esoteriker und ein an alternativer Medizin interessiertes Klientel möglichst einfach abzuzocken.

Ein Beweis für die Wirksamkeit der TM, die einer evidenzorientierten Medizin standhält, konnte bislang nicht erbracht werden.

Bibliographie

Deutsche Nationalbibliothek

Index Theologicus

Link zu Wikipedia
Autoren Winfried Müller