Vissarion
- Person
- Torop, Sergei (Wirklicher Name)
- Torop, Sergei Anatoljewitsch
- Torop, Sergej Anatolʹevič
- Torop, Sergej
- Torop, Sergey Anatolyevitch
- Wissarion
- Jesus von Sibirien
Vissarion, alias Sergej Anatoljewitsch Torop, geboren 1961, Religiöser Führer, bezeichnet sich als wiedergeborener Jesus.
Vissarion
Darstellung und Bewertung der Kirche des letzten Testaments / Gemeinde des einheitlichen Glaubens "V(W)issarion 1)
von Dr. habil. Hansjörg Hemminger und Pfarrer Joachim Keden
Stand: Oktober 2000
1. Aktivitäten und Ideenwelt
Sergej Torop (S. T.), der unter dem NamenV(W)issarionauftritt, wurde im Westen vor allem durch Aussiedlerfamilien bekannt, die aus dem Osten Rußlands stammen. Man erfuhr von der Gründung einer Siedlung, zu der Torop Menschen in Ost-Sibirien, im Süden des Krasnojarsker Gebietes, veranlaßt habe. Dazu heißt es in einem Bericht:
Deshalb machte in der zweiten Hälfte des Jahres 1994 eine Initiativgruppe von Anhängern Vissarions, die Spezialisten technischer und humanitärer Fachrichtungen, Meister der Volkskunst und des Handwerks vereinte, den Vorschlag, in der Taiga ... die Öko-Siedlung 'Tiberkul' zu schaffen. Zu diesem Zweck wurde ein Territorium von 250 ha zur Verfügung gestellt
(Öko-Siedlung, S.1).
Nach jüngsten Presseinformationen wird die Stadt nun "Ökopolis" genannt. In der gleichen Presseinformation wird behauptet, Torop habe bereits 10 Millionen Anhänger (Idea Spektrum, 7. 6. 00). Anderen Quellen zufolge behauptet die Sekte 50 Tausend Anhänger in 83 Orten zu haben. - Tatsächlich ist jedoch deren Anzahl ca. 10 Tausend (Rodov, S.1). In einer im Januar 2000 erschienenen Werbeanzeige der deutschen Anhänger wird von 30 Dörfern auf 150 qkm gesprochen. (TARO 00/1) Zur StadtÖkopolis Tiberkul sagt Torop:
Diese Siedlung besteht aus ca. 30 Ortschaften und zieht sich auf einer Strecke von ungefähr 100 km entlang, und jetzt leben dort ungefähr 3000 Menschen... Die meisten, die dort hinkommen, stammen aus der Intelligenz. Das sind Lehrer, Wissenschaftler, Künstler und viele, viele, die in der Gesellschaft hohe Posten einnahmen. Und auf dieser Grundlage wird jetzt die Gesellschaft gebildet werden, die ihre Kinder nach ganz anderen Gesetzen erzieht, und wo das Verhältnis zur Mutter Erde so ist, wie zu einem lebendigen Organismus - wie zu seiner Mutter... Sie lernen mit den Bäumen zu sprechen, mit den Steinen, natürlich ist für sie vor allem das Wichtigste, das einheitliche Verständnis der Wahrheit, die von Gott für die Entwicklung des Menschen bestimmt wurde. Der Glaube hilft Ihnen, jedes Hindernis zu überwinden, und jetzt überwinden sie alle mögliche Schwierigkeiten und erfahren dadurch immer mehr das Glück. Und selbst wenn ihr materieller Alltag noch nicht geregelt ist, werden sie trotz der Schwierigkeiten nirgendwohin und niemals wegfahren" (Die Kirche, S. 3, Anhang).
Seine Anhänger in Deutschland sagen: Das Licht aus Sibirien! Vissarion [vgl. WEGE 98/4] gründete 1991 in Sibirien die Ökosiedlung Ökopolis Tiberkul. Dort wird eine Lebensordnung aufgebaut, wo die Menschen ohne Geldverhältnisse miteinander leben. Einfach wie eine Familie. Das ist die größte Selbstversorger-Ökogemeinschaft der Welt: 30 Dörfer auf 150 qkm, 3000 Menschen, 60% mit Hochschulausbildung (Künstler, Ingenieure, Pädagogen usw.), kinderreiche Familien (TARO00/1).
Aus einem vermutlich zu Werbezwecken hergestellten Videofilm (Video) geht hervor, dass diese Gemeinschaftssiedlung mit einer weltanschaulich geprägten Landkommune vergleichbar ist, in der das Leben möglichst autark geführt werden soll. Es gibt Landbau, Forstwirtschaft und in beschränktem Umfange auch Pferde- und Kleintierzucht. Man will streng vegetarisch (veganisch) leben. Es heißt: Die Gläubigen essen kein tierisches Eiweiß. Nur die Kinder können Milch- und Sauermilchprodukte essen, aber nur so lange, bis sie selbst darauf verzichten. Aber keiner von den Erwachsenen ißt davon (Die Kirche, S.4, Anhang). In der Siedlung wird den Menschen viel abverlangt. Unter großem körperlichen Einsatz werden Bäume gefällt, das Holz transportiert und verarbeitet, getöpfert, genäht, meist in althergebrachter Weise ohne Maschineneinsatz. Selbst im Pflanzenanbau werden keine Maschinen eingesetzt. Im Bericht heißt es dazu: Auf dem Territorium der Öko-Siedlung besteht ein Verbot für Brennstoffmotoren, weshalb zur Zeit die ganze Arbeit mit Handinstrumenten und mit dem Benutzen von Pferdekraft erledigt wird (Öko-Siedlung, S.3). Allerdings heißt es einige Zeilen weiter: Für die Übergangsperiode wurde für Havariezwecke(n) außerhalb des Territoriums der Siedlung eine technische Zone projektiert mit einem Dieselgenerator von 50 kWh(a.a.O., S.3). Einen breiten Raum der Darstellung im Video nehmen gottesdienst-ähnliche Feiern ein, die den Liturgien und Prozessionen der russisch-othodoxen Kirche nachempfunden sind, allerdings mit anderen Inhalten und teilweise auch mit anderen Symbolen.
Das übrige Leben der Gemeinschaftwird als heile Welt dargestellt. Frauen und Männer in traditioneller Kleidung, vereint zu Kreis- und Reigentänzen, Musikantengruppen, idyllisches Familienleben; S. T. beim Holzhacken, Beeren pflücken, bei meditativen Spaziergängen usw. Besondere Beachtung finden tanzende Frauen in Kleidern und Röcken mit ihren kleinen Kindern. Im Mittelpunkt allen Geschehens der Gemeinschaft wird Torop als Liturg, Zeremonien- und Ritualmeister, als Lebensbegleiter und geistliches Oberhaupt vorgestellt. Er zelebriert vor großen Volksgruppen unter freiem Himmel in liturgischen Gewändern, mal weiß oder rot oder schwarz, vor Kultgebäuden ( z. B. dem Tempel des einheitlichen Glaubens, a.a.O., S.3 ), weiht Statuen, entzündet Kultfeuer und hält z. T. mit ikonenhafter Gestik Ansprachen vor dem großen Kreis seiner Anhänger. Aus dem Bericht über die Öko-Siedlung in der Taiga geht hervor, dass Torop in dieser Gemeinschaft auch seine Vorstellungen über eine neue Gesellschaft verwirklichen will, die für ihn der Anfang einer neuen menschlichen Rasse zu sein scheint. Im einzelnen teilt er über dieseneue Gesellschafts- und Wirtschaftsform folgendes mit:
"Jede Teilnahme am Geldsystem ist ein eigenartiger Beitrag zu der Vernichtung des Menschen. Man muß maximale Anstrengungen unternehmen, um aus dieser Abhängigkeit herauszukommen. Es schnell zu erreichen, wird vielen nicht gelingen. Deshalb ist vor allem das Wichtigste die Bestrebung aus dieser Abhängigkeit herauszukommen. Und auf welche Art und Weise - jeder muß seine eigenen Möglichkeiten einschätzen. Deshalb haben diejenigen die Möglichkeit würdig vorwärts zu schreiten, die sich vor allem auf das Land begeben haben, wo sie sich bemühen, einander mit allem Notwendigen mit ihren Händen zu versorgen durch Ackerbau, durch Handwerke und Künste. Und diese Seite wird jetzt die bestimmende sein für ein wohlergehendes Leben auf der Erde
(Die Kirche, S.1, Anhang).
"Man kann aus dieser Lage herauskommen, nur wenn man ein Meister wird in irgendeinem Gebiet der Handwerke oder der Künste, und wenn du ein Werk schaffst, bist du bestrebt es demjenigen zu geben, der es sehr benötigt. Und du verschenkst es einfach so. ... Wenn du siehst, daß du jemandem Geld geben mußt, so mußt du es geben und es vergessen. Auf keinen Fall darf man das Geld zurückverlangen(a.a.O. S.2, Anhang). Frage: Wenn diese Stunde der Entscheidung kommt im nächsten Jahr, denke ich, wird dann dieses Volk dort in Sibirien das Volk sein, das überleben wird? Vissarion: Das ist eben der Anfang der sechsten Rasse, die viele prophezeit haben. . (Es wird nach der bestmöglichen Übersetzung gesucht, ein Teilnehmer versucht zu erklären: Nach einer bestimmten philosophischen Lehre befinden wir uns momentan in der fünften Rasse.., eine weitere Antwort eines Zuhörers: Die Gemeinschaft ist der Anfang der sechsten Rasse.)
(a.a.O., S.4, Anhang).
Auf dem Hintergrund dieser Entwicklungen in Ost-Sibirien und dem Sendungsbewußtsein der Anhänger von Torop scheint es geboten, sich mit demLebenswegdes Begründers der Sekte zu befassen. Stark legendenhaft geprägte Aussagen dazu finden sich in einer Broschüre der Gruppierung (im Folgenden u. a.: kleine Krume, S.55ff)
"Er wurde in einem Vorort der Stadt Krasnodar am 14. Januar 1961 in der Familie von Bauarbeitern geboren. Die Eltern waren, wie die meisten Menschen dieser Zeit, ungläubig. Doch während seiner ersten sechs Lebensjahre war immer die Großmutter bei ihm, ein tiefgläubiger Mensch, ... . ...Im Alter von sieben Jahren verläßt Vissarion zusammen mit seinen Eltern den Geburtsort, die Großmutter und seine wunderbare Welt zurücklassend. ... Nach noch einigen Jahren, in Sibirien von Stadt zu Stadt übersiedelnd, läßt sich die Familie in der Stadt Minusinsk nieder, ... . Dieser Ort ist berufen, die Grundlage für das zukünftige Wirken zu werden, denn genau hier, in Sibirien, befindet sich das Herz der Erde. ... Hier schließt Vissarion die Schule ab, es folgt der Wehrdienst ... Seinen Dienst legt er bei den Bautruppen ab. ... Weshalb Vissarion in einigen Jahren, verschiedene Berufe erlernend (Anm. d. Verfassers: u. a. Polizist in Minusinsk, [Rodov, S.1] ), verschiedene Sphären der menschlichen Tätigkeit kennen lernte.... Eine plötzliche unerklärliche Notwendigkeit empfindend, sich mit dem einen oder anderen zu beschäftigen, stürzt sich Vissarion Hals über Kopf in das für ihn neue Gebiet und erlernt es mit erstaunlicher Schnelligkeit. Dabei benötigt er keinen Lehrer - in ihm ist das notwendige Wissen bereits eingeschlossen. Und es kommt wie von selbst zum Vorschein innerhalb kurzer Zeit. So kommt er mit verschiedenen Gesellschaftsschichten in Berührung, ihrer sozialen Psychologie, den Gewohnheiten und dem Lebensstil. ... Und dann, mit 29 Jahren, im Mai 1990 wird schließlich die Binde von Vissarions Augen genommen. Ein unwahrscheinliches Aufleuchten der inneren geistigen Kraft findet statt. ... Mit 30 Jahren aber, am 14. Januar 1991, geht die Taufe vonstatten. Es ist kein Zufall, daß Vissarion bis zu diesem Zeitpunkt in nicht einer Religion getauft wurde. Denn in ihm sind alle Religionen vertreten. ... Und da es auf der Erde die einheitliche Religion noch nicht gab - sie wird jetzt erst geboren - wurde die Taufe vom Himmlischen Vater selbst vollzogen. Das geschah während des abendlichen Gebets. ... Die erste öffentliche Predigt außerhalb der Stadt fand am 18. August 1991 statt. ... Seitdem wandelt das WORT über die Erde, und in einigen Jahren steht allen auf ihr Lebenden bevor, mit ihm in Berührung zu kommen".
Über seine persönlichen Verhältnisse kann man den Selbstdarstellungen nicht viel entnehmen. Auf die Frage, ob er verheiratet sei und Kinder habe, antwortet Torop: "Ja, ich habe fünf Kinder" (Die Kirche, S. 14, Anhang). In einer ökumenischen Zeitung in der Schweiz "Glaube in der 2. Welt" (S. 7f) ist davon die Rede, dass er verheiratet sei und zwei Kinder habe; einem bestimmten Beruf scheint er vor 1993 nicht nachgegangen zu sein, habe sich aber viel mit Malerei beschäftigt. Torop hat inzwischen des öfteren die Gemeinschaft verlassen, um der ganzen Welt seine "Botschaft" mitzuteilen. So besuchte er im Herbst 1998 Deutschland (Die Kirche, S.1, Anhang ) und soll auch schon in Israel und den USA gewesen sein (Mitteilungen). Auf Grund der steigenden Anfragen von Ratsuchenden scheint die Anhängerschaft inzwischen auch in Deutschland zu wachsen. (Im Zusammenhang mit Vissarion wird auch die anstehende Gründung eines Vereins "Ökopolis-Deutschland e.V." genannt, dessen Satzung bereits vorliegt und der seinen Sitz in Köln haben soll.) Dies macht es notwendig, sich mit der Denkweise von Torop und seinem "Appell an die gegenwärtige Menschheit"(Hoffnung, S.1) sowie seinen Aufrufen zum praktischen Handeln auseinanderzusetzen. Das soll im Folgenden in Kurzform, belegt durch eine Auswahl von Zitaten, geschehen:
Torop versteht sich als Religionsgründer mit universalem Anspruch. Er ist der neue Christus. Er habe 1991 die Taufe vom himmlischen Vater erhalten im Zeichen des Einigenden Glaubens. Über diesen Einigenden Glauben, den er schaffen solle, wisse die Menschheit noch nichts; er stelle die Inkarnation aller existierenden Religionen dar. ( vgl. Glaube in der 2. Welt, S. 8). Allerdings wird die Behauptung, der neue Christus zu sein, nie eindeutig in der Ichform ausgesprochen; sie läßt sich jedoch aus seinen Aussagen folgern. Nach seinen Vorstellungen hat der erste Christus mehr oder weniger versagt. Neben dem Ersten Testament, gemeint ist das Alte Testament, gibt es das Neue Testament, verstanden als Christus, und das Letzte Testament, bezogen auf Torop als Vissarion. Er vertritt also eine Art Dispensationslehre, nach der es drei Offenbarungen Gottes gab, wobei die neuere jeweils die ältere aufnahm und überbot: Judentum, Christentum und nun sein letztes Testament. Dieses nimmt auch die geistigen Werte von Hinduismus und Buddhismus auf und bringt sie zur Vollendung. Von daher bringt uns Vissarion die universale Endreligion der Menschheit. Sein Selbstverständnis verdeutlichen die folgenden Zitate:
Wissarion ist das WORT, das WORT des ihn schickenden Vaters. Er und der Vater - sie sind Eins. Das kann unser irdischer Verstand nur schwer begreifen, und trotzdem ist es die Wahrheit, und sie wird existieren, unabhängig davon, ob wir sie annehmen oder nicht. ....Nur der Körper, der das WORT schafft, ändert sich. Und jeder neue Körper trägt auch einen neuen Namen(Die Kirche, S.5). Dieses WORT soll über euch richten und euch die Verantwortung für das Gehörte übertragen, damit später nicht gesagt wird: ich habe es nicht vernommen! (a.a.O. S.7)
Und um zu verstehen, wie gewaltig die Einwirkung der außerirdischen Welten auf die Entwicklung des Menschen ist, hat mein Vater mich erneut zu Euch geschickt, um euch die Wahrheit über das Dasein des gewaltigen Schöpfers des Weltalls und über meinen Vater - den gewaltigen Schöpfer des geistigen Daseins, zu verkünden (a.a.O. S. 33).
Das erste Feuer entbrannte vor 2000 Jahren im Land Israel und erleuchtete das Wesen der Liebe. ...Das zweite Aufflammen des Feuers war berufen den Schlüssel zu erleuchten, dank dessen man, sich an den Händen nehmend, den Aufstieg durch die Pforte des Gottesreiches beginnt(a.a.O. S.52).
Die Erfüllung vor 2000 Jahren konnte nicht in der Art beendet werden, in der es Gott gebot. Denn die Rettung wurde der ganzen Menschheit gesendet und sollte der Menschheit möglichst viel über den eröffneten Weg zur Rettung berichten. ....Deshalb mußte mit dem ersten Aufflammen des Feuers nur der rettende Aufstieg erleuchtet werden, das Geheimnis des Schlüssels zum Tor, durch das der Aufstieg beginnt, hielt man zurück. Dieses Geheimnis des Schlüssels sollte beim zweiten Aufflammen des Feuers erleuchtet werden. Was, nach dem Willen des Himmlischen Vaters, vor den Zeiten des Grams geschehen sollte. ... Diese Geheimnisse durften nicht vor der Zeit bekannt werden. ... Die Wahrheit über den himmlischen Vater stand zu erkennen noch bevor (a.a.O. S. 53).
Sagen sie bitte, ist ihre äußere Ähnlichkeit mit dem Aussehen von Jesus Christus zufällig? Alles geschieht nach Gottes Willen. ... Mein jetziges Aussehen unterscheidet sich von dem Aussehen in diesen lang vergangenen Zeiten nur unbedeutend. ...Bei eurer ersten Ankunft wußten Sie vorher die Zeitspanne Ihres Aufenthaltes unter den Menschen und wußten von Ihrem Kreuz. Kennen Sie jetzt Ihr Erdenschicksal? Die Lebenszeitspanne unter den Menschen war zur Zeit der Erfüllung vor 2000 Jahren vorher unbekannt. ... Was das Erdendasein sowie des vergangenen, wie auch des jetzigen Lebens betrifft, so darf man es nur in allgemeinen Zügen kennen. Und Amen, ich sage euch: Mehr zu wünschen, kann nur ein Blinder. Dieses darf niemand der Menschen wissen, um die Entfaltung des geistigen Gewebes nicht zu stören (a.a.O. S.65). Deshalb sollte sich, nach dem Willen des Herrn, das Christentum mit zwei Aufflammungen (Etappen - Anm..Übers.) entwickeln. Vor zweitausend Jahren sollte der Glaube nur angefacht werden, um ihm Zeit zu lassen, sich auf der ganzen Erde zu verbreiten (kleine Krume, S.15).
Das ist das Geheimnis der drei Testamente, die dazu berufen sind, die Kinder Gottes in das Himmelreich zu führen: das Alte Testament, das Neue Testament und das Letzte Testament (a.a.O., S. 19).
Das Letzte Testament führt zur völligen Blüte eurer Seelen und ihrer Vereinigung mit Gott, was früher nicht geschehen konnte. Möchtet Ihr das nicht, dann bleibt dort, wo ihr seid. Das Letzte Testament ist dazu berufen, jene Kinder zu erlösen, die durch die Pforte des Himmelreiches schreiten können(a.a.O. S.18).
Uns alle vereint die Lehre des einheitlichen Glaubens... Der Mensch... untersteht gleichzeitig den Gesetzen der materiellen und der geistigen Welt. Sich im Rahmen der materiellen Welt befindend, die von dem Lebensgeist aufrecht erhalten wird (Chi, Prana), achten wir tief die universellen Grundgesetze der Harmonie, der Vernunft, des Karma, der Zweckmäßigkeit, der gegenseitig nützlichen Zusammenarbeit. Diese Werte haben wir mit dem Taoismus, Hinduismus, Islam und einer ganzen Reihe von östlichen Lehren und Religionen gemeinsam... Deshalb sind die geistigen Werte des Christentums - der Religion der Liebe, und ebenso des Hinduismus und Buddhismus, was den Begriff des Heiligen Geistes angeht, für uns ebenfalls heilig. (Öko-Siedlung, S.1f))
In den Fragen, die sie an Vissarion richten, wird deutlich, dass viele bereit sind, ihn als neuen Christus zu verehren. Eine Anhängerin aus Deutschland schreibt z.B.: Lesen und staunen Sie über die klugen und wunderbaren Worte der Wahrheit und der Liebe, die Unser himmlischer Vater uns durch seinen Sohn Vissarion übermittelt... (Mitteilungen).
Es scheint so, dass für viele Vissarion ein Gottessohn zum Anfassen darstellt. Der Ausspruch eines Anhängers in einer Werbeanzeige: ER ist wieder auf Erden! Vissarion offenbart 'Das Letzte Testament'(TARO00/1)
Selbst ein Gebet, das dem Vaterunser nachempfunden ist und Vissarions Ansichten in den Mittelpunkt stellt, ist unter den Anhängern im Umlauf:
...Herr! Dein Wille geschehe! Und auf Erden sei ein Einiges Volk, Das seine Mutter - die Natur - liebt, das vereint ist mit Dir in seiner Liebe und auf dem Weg der Wahren Geistigen Entwicklung schreitet, sich stützend auf Dein Letztes Testament...Amen(Gebet)
Torop vermittelt ein eigenartiges Bild von Jesus Christus: Eine Vielzahl von Erzählungen, die er von Jesu Erdenleben, von seinem Kreuzestod und seiner Auferstehung sowie von seinen Jüngern übermittelt, lassen sich weder inhaltlich, noch historisch mit dem biblischen Zeugnis vereinbaren. Manche dieser Geschichten tragen legendenhafte Züge, andere sind literarischen Werken entlehnt und entsprechend umgestaltet. Sie beanspruchen aber Wort Gottes zu sein. Einige Zitate belegen die Veränderung biblischer Texte bzw. die Ausschmückung der biblischen Tradition im Sinne von Torop:
In der Zeit, die der Erzeugung von Gottes Wort vorausging, verging ein eigenartiges Leben eines verträumten Jünglings (Anm. d. Verf.: gemeint ist Jesus), der aufmerksam die Umwelt erfassen lernte, und vom 7jährigen Alter an - das Gesetz Gottes. Von klein auf half er der Mutter bei der Feldarbeit und im reiferen Alter erlernte er Josefs Handwerk,.... Ein Liebhaber von Pfirsichen, malte Jesus nicht nur Blumen und Vögel, sondern bastelte auch verschiedene kleine Gegenstände, die er einigen römischen Soldaten schenkte (Die Kirche, S. 55).
Zu Beginn der Erfüllung waren es 14 Jüngerer, unter denen sich noch nicht jene befanden, die während des heimlichen Abendmahls dazukamen ... Zuerst kam Andreas. In der Vergangenheit ein hartherziger junger Mensch, der keine Gnade kannte ( a.a.O. S. 56) .
Sobald Pilatus aus Rom angereist kam, am selbigen Tag, stieß man in Begleitung des Hauptmanns den ausgepeitschten Jesus in den Saal (a.a.O. S. 59).
Wenn man aufmerksam mit dieser Wahrheit in Berührung kommt, ist es nicht schwer zu verstehen, daß Jona am vierten Tag, und folglich auch die Auferstehung Christi am vierten Tag vor sich gegangen ist. ... Und drei Tage und drei Nächte lang richteten die Mutter Maria und Johannes endlos Gebete an Gott (a.a.O. S. 62).
Amen, ich sage euch: Das Grab der Mutter Maria befindet sich in Betlehem und wurde von den blinden Kindern zertreten, wie andere letzte Ruhestätten in der Umgebung. Und nach dem Willen des Himmlischen Vaters erfüllte sich heute das von ihm Vorgesehene: Der Sohn beugte die Knie am Grab seiner Mutter, die einst mit Tränen sein Grab begoß (a.a.O. S. 63).
Die Legende über die Wiederkunft in den Wolken war notwendig, um bei meinem heimlichen Erscheinen zu der von meinem Vater vorgeschriebenen Zeit die Heuchler leicht bloßzustellen und die wahren Kinder Gottes zu offenbaren (kleine Krume, S. 16).
Torop sieht das Ende der Welt unmittelbar bevorstehen und verbreitet angstmachende Schreckensvisionen. Nicht nur das Jahr 2000 spielt dabei eine Rolle, sondern eine weitere gramvolle Zeit von 15 Jahren. Möglicherweise ist die Quelle solcher Visionen auch in der Erfahrung des Zusammenbruchs des alten Systems sowie in der schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Situation Russlands zu sehen. Wie schon häufiger in der Geschichte Russlands wird auch jetzt eine Zeit der großen Wirren erwartet. Die schon lang anhaltende depressive Stimmung in großen Teilen der Bevölkerung scheint sich in Torops Prophezeiungen niederzuschlagen. Vermutlich soll auch ein Bezug zu den Endzeiterwartungen und -hoffnungen des Neuen Testaments geschaffen werden (s. Offenbarung des Johannes). Mit angstbesetzten Endzeitvisionen ist es erfahrungsgemäß möglich, eine verschworene, elitäre Gemeinschaft zu schaffen, die sich in der Hoffnung auf die einzig rettende Arche bedingungslos an die Gruppe und den Meister bindet. Die folgenden Zitate belegen unseren Erachtens diese Wertung:
Was ist das für ein Abgrund, auf den sich die Menschheit zubewegt? Das ist eine bildliche Darstellung der Massenvernichtung der Menschheit. ... Den Ruf Gottes nicht annehmend und die Hoffnung zunichte machend, die er in Euch setzte, werdet ihr zu Verbündeten des Allerabscheulichsten - der Vernichtung der Menschheit und der Mutter-Erde(Die Kirche, S. 28).
Wie sieht das Ende der Welt aus? Heutzutage beginnt die Periode des Übergangs vom begrenzten Niveau des Reiches der Kraft zum Niveau des Reiches der Seele. .... Doch heute muß dieses Niveau im Nichtsein verschwinden. Und das bedeutet, daß auch jener, leider wesentlich größerer Teil der Welt, der fest mit dem wilden Niveau verwachsen ist, sein Dasein beenden wird (a.a.O. S. 28).
Der Name des Jüngsten Gerichts - Schrecklich (im Slawischen - das Schreckliche Gericht - Anm. Übersetzer), ist ein Begriff, der zur endgültigen Bestimmung der menschlichen Schicksale das Entsetzen vor den Erscheinungen der nicht an sich haltenden Mutter-Erde hinzufügt, mit denen jeder eng in Berührung kommt, der die Hand des Herrn endgültig zurückweist. Und erfahrt heute, daß das Gesetz der höchsten Gerechtigkeit darin besteht, daß ihr euch selbst richtet. ... Amen, ich sage euch: daß ihr in einer nicht weit entfernten Zukunft die Früchte eures Weges in Überfluß kosten werdet(a.a.O. S. 30).
Diese gramvolle Zeit wird ca. fünfzehn Jahre dauern. ... Können Sie sagen, wie vielen Menschen bestimmt ist, die furchtbare Grenze des Jahres 2000 zu überleben? Unter dieser Grenze eine kritische zu sehen, ist nicht richtig. Denn ich habe euch schon gesagt, daß die Zeiten des Gram länger andauern werden. Die Zeit der Ernte beginnt ihre Zeitabrechnung, wenn alle das Richtende Wort vernommen und gesehen haben. ... Das Jahr 2000 - das ist eine Zeit bedeutender Ausbrüche sehr schwerer Erderscheinungen und unvernünftiger Handlungen Blinder. ( a.a.O. S. 31).
Torops besondere Aufmerksamkeit gilt der Mutter-Erde. Von ihr hat er einerseits ein mystisch-personenhaftes Verständnis. Er greift andererseits jedoch auch Themen der Ökologie-Bewegung auf: Technik-Kritik, nachhaltiges Wirtschaften, Leben im Einklang mit der Natur usw. Ein Grund für die Plausibilität einer solchen spirituellen Ökologie gerade in Rußland könnten die Umweltschäden von kaum vorstellbarem Ausmaß sein, die dort von der alten Regierung hinterlassen wurden. Aber auch in den Ländern westlicher Prägung ist ein nachhaltiges Unbehagen, was Umweltschäden anbelangt, allenthalben spürbar und daher auch ausnutzbar. Sein letztes Testament enthält Gebote, deren Befolgung die Anhängerschaft vor der bedrohlichen Zukunftsvision schützen sollen, so z.B. die Selbstexplosion der atomaren Sprengköpfe in Nevada/USA im 21. Jahrhundert oder ein neuer Virus, der die ungläubige Menschheit vernichten werde (vgl. Glaube in der 2.Welt, a.a.O.) Beispielhaft sei aus seinen Zukunftsvisionen noch wörtlich zitiert: Das Wesen der gramvollen Zeit und der Fall der Blinden besteht darin, daß die Mutter-Erde die Leiden nicht aushält, die ihr von euch zugefügt werden. Und sie beginnt sich nach den strengen Gesetzen des materiellen Daseins zu verteidigen, wo es das Gute und Böse nicht gibt. Sie wird sich verteidigen, indem sie euch mit fürchterlichen Krankheiten bestraft und eure Bauten zerstört. Denn sie ist lebendig! Gedenkt diesem. (a.a.O. S. 29)
Den Folgen der Blüte des Reiches der Kraft kann man nur bei der Bedingung entgehen, daß aus dem Körper der Mutter-Erde unterbricht; sofort alle Betriebe stillgelegt werden, die fähig sind, Schadstoffe in die Umgebung auszuwerfen, wenn man fast vollständig die Förderung von Bodenschätzen aus dem Körper der Mutter-Erde unterbricht; ... vermehrte der Mensch reichhaltig den Abfall, der sich auf der Oberfläche der Erde anhäufte und eine dichte Schicht bildete. Sie ist einer Glassphäre ähnlich, in der sich die nach Luft ringende Mutter-Erde befindet. Denn sie ist lebendig, jeder lebendige Organismus aber benötigt die offene Verbindung mit der Umwelt. ... Und so gelangte die Erde in einen Zustand, in dem sie bereits sehr empfindlich auf jede schmerzhafte Erscheinung reagiert und sich zu verteidigen beginnt. ... Denn die Erde ist nicht in der Lage, euch nach Guten und Schlechten zu sortieren. Ihre Erscheinungen sind hart, grob und werden weite Gebiete ihrer Oberfläche erfassen (a.a.O. S. 31f).
Außerdem erkennt die Wahrheit, daß die Mutter-Erde die lebendige Mutter eures Körpers ist. (a.a.O. S. 49).
Die Erde ist die Mutter für die ganze Menschheit, die jeden Schritt des Menschen fühlt, und die Fähigkeit, mit ihr in Dialog zu kommen ist eine wichtige Aufgabe für jeden Menschen. Das Gesetz der Entwicklung ihres Verstandes ist etwas anders als beim Menschen (a.a.O., Anhang S. 9).
Sergej Torop vertritt die Reinkarnationslehre. Er spricht davon, dass Menschen sich wiederholt wiederverkörpern, um sich geistig zu entwickeln, sich zu läutern, Verschmutzungen hinwegfegen zu lassen und sich würdig dem Licht entgegen zu bewegen. Allerdings kehrt nach seiner Auffassung die Seele eines Menschen immer wieder nur durch einen menschlichen Körper zurück (a.a.O. S.21). Mit diesen Gedanken entfernt sich Torop weit von der christlichen Tradition, obwohl er behauptet, daß Seelenwanderung den Jüngern offenbart worden sei:
Als vor 2000 Jahren die Erfüllung vonstatten ging, hörten viele Jünger kurze Wahrheiten über die Seelenwanderung durch erneute Körper. Doch sie durften die Wahrheit nicht in die Schrift hineinbringen, denn es wurde sehr wenig dazu gesagt. ... Doch einst aus Gründen politischer Schwankungen an der Machtspitze, wurden diese Texte aus der heiligen Schrift gestrichen.
(a.a.O., Seite 20)
Nach Auffassung des Christentums ist aber das Leben des Menschen als Geschöpf Gottes einmalig und nicht wiederholbar. Von daher sind Reinkarnationsideen für den biblischen Glauben bedeutungslos, wenn nicht widersprüchlich. Torops eigenwilliges Verständnis von Reinkarnation, von Paradies und Hölle verdankt sich denn auch trotz der Verwendung biblischer Begriffe eher der Theosophie (s.u.) als christlichen Quellen. Eine Auswahl von Zitaten belegt seine Sichtweise:
Weshalb ich euch wahrlich sage: Es existiert sowohl die Hölle als auch das Paradies, und es existiert auch die Seelenwanderung. Doch nach einem Gesetz, das bisher nicht ein Mensch auf der Erde erfahren durfte (a.a.O. S. 9).
Ja, die Seelenwanderung existiert und von jetzt an müßt ihr dieses Gesetz verstehen lernen. ... Der Mensch inkarniert sich auf der Erde bis zu zehn Mal, doch nur in Zusammenhang damit, daß er sein eigentliches Wesen nicht entfalten kann. Weshalb er einige Male auf die Erde zurückkehren muß, um schließlich der Welt seine Vorsehung zu offenbaren. Seinem Wesen nach müßte sich der Mensch jedoch nach ein- zwei Verkörperungen entwickelt haben. .... Euer Körper ist in der Lage, etwa tausend Jahre zu existieren, denn so einen Vorrat an Lebenskraft besitzt er. ... Eine junge Seele inkarniert sich immer in einem Körper, der wunderbare physische Eigenschaften hat (a.a.O. S. 18).
Die Seele wird immer bald nach der Geburt des Kindes eingegeben. Denn vor der Geburt kann man das nicht tun, da die Eigenschaften des Geborenen vom Geburtsmoment bestimmt werden. Und nur auf deren Grundlage wird die entsprechende Seele inkarniert (a.a.O. S. 21).
Sergej Torop Vorstellungen über das Weiterleben nach dem Tod sind esoterisch geprägt, er spricht vonAstralhüllen Verstorbener, von Geistern, paranormalen Erscheinungen, Ufo-Zentren und weiß angeblich von Einflüssen außerirdischer Welten auf die Entwicklung der Menschen. In seiner Lehre finden sich Versatzstücke aus der gesamten Geschichte des abendländischen Okkultismus und seiner Rezeption fernöstlicher Religionen wieder. Seine Vorstellung belegen folgende Aussagen:
Das Paradies - das ist eine besondere Schicht, die die Erde umgibt und die sich in einem bestimmten Abstand von ihrer Oberfläche befindet. Das ist der Beginn der Höheren Welt des Himmlischen Vaters, seiner großartigen Welt. Hierher kommen Seelen, die unfähig sind, Kälte zu verbreiten, was sie während ihres Lebens im Körper schließlich erlernten (a.a.O. S. 9).
Die Hölle ist wie das Paradies eine besondere Schicht, die die Erde umgibt, die sich aber näher bei der Oberfläche befindet. Sowohl die Hölle, als auch das Paradies befinden sich in einer etwas anderen Dimension, was ein gewöhnliches Betrachten verhindert. Die Hölle entstand im Zusammenhang mit der Erscheinung der Tätigkeiten des Teufels, denn er zog einst jene Seelen an, die eine kritische Grenze des Verfalls erreichten, und bei denen es keinen Sinn mehr hatte, ihnen einen neuen Körper zu geben, da sie unfähig zur weiteren Entwicklung waren. Diese Seelen bauen in Abhängigkeit von ihrer Vorstellung eine finstere und mühsame Welt auf, ....(a.a.O. S. 10).
Was geschieht mit der Seele nach dem Tod des Körpers? Den Körper verlassend behält die Seele eine gewisse Zeit lang die persönlichen Eigenschaften des verlassenen Körpers bei. ... Das geschieht aufgrund der Tatsache, daß im Verlauf von 40 Tagen die materielle Lebenskraft erhalten bleibt, die den Zustand der Persönlichkeit aufrecht erhält. ...Sie sieht alles, hört alles, was einen Kontakt mit ihr durchaus nützlich machen kann. Nachdem die 40 Tage vorüber sind, zerfällt die materielle Lebenskraft des Menschen und löst sich im Naturgewebe der Mutter-Erde auf. ... Danach konzentriert sich die Seele in einem kleinen leuchtenden Punkt - abhängig von der geistigen Entwicklung in einen größeren oder kleineren. ... Und diese Seelen, den Zustand eines winzigen Punktes erlangend, bewegen sich frei entlang der Oberfläche der Mutter-Erde. Sie sind in der Lage mit Gedankenschnelle sich zu jedem ihrer Orte zu bewegen. Diese Seelen hören alles, sehen alles - was auf der Erde vor sich geht, - doch sie können nichts tun. Wenn ihnen die Fähigkeit zur Entwicklung erhalten blieb, so erwarten sie einen neuen Körper. ... Wenn die Seele eine bedeutende materielle Lebenskraft besitzt, so kann sie irgendwelche Laute hervorrufen, etwas im Zimmer umwerfen. ... Das sind dann die sogenannten Geister. Doch gleichzeitig existieren auch Erscheinungen außerirdischen Charakters, die mit dem menschlichen Dasein nichts zu tun haben (a.a.O. S. 12f).
Jene, die mit Geistern Kontakt aufnehmen, müssen wissen, daß wenn sie den einen oder anderen Geist aufrufen, das noch lange nicht bedeutet, daß eben er ihnen erscheint. Kontakt nimmt der erst beste Geist auf... (a.a.O. S. 15). Solche böse Geister gab es anfangs sehr viele, doch mit der Zeit, immer mehr ihren Umfang und Kraft vergrößernd, gerieten sie unter eine gegenseitige Einwirkung, wonach sie sich anzogen und zu einem gemeinsamen Ganzen vereinten. ...Das gemeinsame Ganze erlangte eine gewaltige schwarze Kraft und alles Wissen über die schlechten Handlungen des Menschen, die irgendwann einmal auf der Erde begangen und immer geschickter wurden. Das war die Geburt des Teufels (a.a.O. S. 25).
Außerirdische Welten gibt es sehr viele. ... Um zu verstehen, wie gewaltig die Einwirkung der außerirdischen Welten auf die Entwicklung des Menschen ist, hat mein Vater mich erneut zu euch geschickt, .... Die außerirdische Welt erkannte, mit welchen Schwierigkeiten und Verwirrungen sich die Menschheit auf ihrem Lebensweg bewegte,... (a.a.O. S. 33).
Den auf der Erde gegebenen Zustand beobachtend, kamen viele Welten zu dem Schluß, daß die Menschheit vernichtet werden muß, damit sie nicht das sich entwickelnde Größere störe. .. Amen, ich sage euch: Ab heute werden Millionen Menschen - sowohl Erwachsene als auch Kinder - an sie appellierende Stimmen hören, werden alle möglichen Gestalten erblicken. Bei vielen werden wunderbare Fähigkeiten in Erscheinung treten (a.a.O. S. 34).
Ich habe euch bereits gezeigt, daß der außerirdische Verstand keine Beziehung zum Himmlischen Vater hat, denn er besitzt kein geistiges Gewebe (a.a.O. S. 38).
Das ist ein hervorragendes Beispiel für den Einfluß der außerirdischen Welt auf den Menschen (gemeint ist Georgio Bongovani) (a.a.O. S. 41).
Mit den sich bei ihm offenbarenden Möglichkeiten, das für die gewaltige Mehrheit Unsichtbare zu erkennen, begann er die vor ihm erscheinende Gestalt der Mutter Maria zu sehen und den zu ihm in einem Flugapparat fliegenden 'Jesus'. Denn er sei, nach Georgios Worten, heute der Kommandeur eines Ufo-Geschwaders und wird in nächster Zeit auf der Erde landen und das Gericht beginnen. Georgio folgte aufopferungsvoll der 'Wahrheit', die von den ihm erscheinenden Gestalten übermittelt wurde (a.a.O. S. 42).
Nur durch das Erkennen der Harmonie mit der Erde werden sich vor den Menschen die Pforten ins Weltall öffnen. Und dann beginnt ihr, das Weltall zu besiedeln und ihr werdet die Liebe des Vaters in jede Ecke der großen Welt bringen und das Weltall mit der Liebe erfüllen, die dort nicht existiert. Doch das wird später sein (a.a.O. S. 10, Anhang).
Verschiedene Ufozentren bekommen in diesem Zusammenhang verschiedene Informationen, und sie alle haben verschiedene Informationen, und jeder von ihnen ist davon überzeugt, daß er die richtige Information bekommt (a.a.O. S. 7, Anhang).
Und diese Verwirrung , in die die menschliche Gesellschaft verfallen ist, hat das Weltall sehr erstaunt. ... Und in bestimmten Etappen haben die außerirdischen Welten versucht, dem Menschen zu helfen, ... Das alte Testament wurde nicht von Gott gegeben. Das sind die Gesetze des Seins des Weltalls, wo man versucht hat, das Gesetz der Gerechtigkeit im Weltall dem Menschen zu geben (a.a.O. S. 8, Anhang).
Torop ist davon überzeugt, dass Kranksein und Krankheiten mit Einflüssen aus dem Universum zu tun haben. Es soll dabei um Befreiung von kranken Zellen gehen. Nach seiner Ansicht ist durch Möglichkeiten der äußeren Welt ... praktisch jede Krankheit zu heilen (s. unten). Selbst in kritischen Situationen sollte man sich Gott anvertrauen und nicht den Arzneien (s. unten). Wenn der Tod eines Babys eintritt, so soll dies eine Prüfung für die Eltern und eine Strafe für ihre Sünden sein (Die Kirche, S.15). Seine Aussagen zum Suizid sind mißverständlich und widersprüchlich. So behauptet er: Gewöhnlich begehen Menschen Selbstmord, die sich geistig nicht entwickeln. (a.a.O. S.14). Seine z.T. äußerst bedenklichen Aussagen sind in den folgenden Zitaten wiederzufinden:
Sich nach der Erfüllung der Wahrheit sehnend, kommt der Mensch allmählich zur Harmonie mit dem Universum, und das Universum beginnt, sich um sein Leben zu kümmern. Es beginnt eine aktive Veränderung im Körper. Es werden Prozesse aktiviert, die darauf gerichtet sind, den Organismus von angehäuften Rückständen zu befreien, von kranken Zellen, die bioenergetische Grundlage des Körpers verändert sich usw. Das kann unbemerkt bleiben, denn es geht entweder mit geringen Krankheitserscheinungen vor sich oder wie eine starke Erkältung, ein Hautausschlag, Magen-Darm-Erkrankung u.ä. Oft begleitet von hohem Fieber - die sog. Feuerkrankheiten ... Auf unsere Frage nach den Krankheiten und deren Gründe, sagte einst der Meister: 'Man muß weniger Fehler machen. Alle, die über ihre Krankheiten reden, haben dem Meister nicht geglaubt, haben ihn nicht mit ganzem Herzen aufgenommen, schwanken irgendwo, machen Fehler. Zu viel Unreinheit und Zweifel sind noch im Verstand. Das wirkt sich vernichtend auf den Körper aus, zerstört ihn'. ... Der Mensch muß wissen, daß die Möglichkeiten der Äußeren Welt unendlich sind ; sie erlauben es, dem Menschen eine ernsthafte Hilfe zukommen zu lassen, praktisch jede Krankheit zu heilen (a.a.O. S.79f.).
... und sich Gott anvertraute und nicht den Arzneien, selbst in den kritischsten Situationen. Übrigens, in Momenten der größten, scheinbar unerträglichen Leiden, schalten sich die Reserven des Organismus ein, und dann fällt es der Äußeren Welt leichter dem Menschen zu helfen, die Störungen zu beseitigen. Hat er aber Angst bekommen, zu Arzneien gegriffen, so hat er die Glaubensprüfung nicht bestanden, die Hilfe der Äußeren Welt kommt nicht und auch die Reserven des Körpers werden nicht eingeschaltet - die Heilung bleibt aus. ... Ärztliche Hilfe sollte man nur äußerst Bedürftigen geben, die bereits von sich aus nicht mehr in der Lage sind zu kämpfen, und zwar als geringfügige Stütze mit der darauf folgenden Unterstützung, den Menschen Gott zuzuwenden. Der Meister erinnert auch daran, daß wir für die Krankheiten unserer Kinder verantwortlich sind. Die Kinder erkranken wegen der Eltern, wegen unserem unnormalen Verhalten. ... Weiter müßt ihr zur richtigen Ernährung übergehen, das heißt völlig das tierische Eiweiß ausschalten und zum pflanzlichen Eiweiß übergehen. Denn das tierische Eiweiß, nachdem es im Organismus zerlegt wird, stellt stark wirkende Gifte her - der Organismus hält die Strahlungen nicht aus, die von der Sonne kommen, es tritt die Feuerkrankheit in Erscheinung, ein gewaltiges Fieber, ein Brennen in den Extremitäten u. ä., die Körperzellen werden zerstört werden. Die Gifte, die sich bei der Zerlegung der tierischen Eiweiße bilden, werden euer Immunsystem angreifen. Es wird schnell schwächer werden und ihr erkrankt an vielen Krankheiten, insbesondere an Veränderungen im Gehirn, was zu schweren Geisteskrankheiten führen wird. Dabei besonders zur Geistesschwäche (Oligophrenie - Anm. des Übers.). Noch ein - zwei Jahre, und dieser Prozeß nimmt katastrophale Ausmaße an. Der kranke Mensch wird zum Politiker, geht zur Armee, wird Raketenabschußrampen bedienen... . ... Jetzt, dies verstehend, helft eurem Organismus, doch wisset, daß euer Geist - das Wichtigste ist. Daran glaubend, werdet ihr alles erreichen, einschließlich die notwendige Gesundheit (a.a.O. S. 80f).
Nein, Selbstmord ist keine Vorherbestimmung. Obwohl von Geburt an dieser kritische Punkt zu sehen ist. Doch man muß wissen, daß vor jeder strengen Prüfung, die man nach dem Willen des Lebens antreffen mußte, Zeichen von der Höheren Welt gegeben werden. Wenn ein Mensch den Ruf seines Herzens und die Umwelterscheinungen beachtet, so bemerkt er die gegebenen Zeichen. Und wenn er eine würdige Schlußfolgerung daraus zieht, so kann er wahrlich diesen kritischen Punkt hinter sich lassen. Doch wenn du in der Eitelkeit der Welt versunken bist und zu deinem eigenen Wohl lebst, so ist es schwierig, die Gotteszeichen zu bemerken, und bemerkst du sie nicht - finden die Füße beim nächsten Schritt keinen Halt. (a.a.O. S.14) Vissarion, wie bewertest du den Suizid... und hat der Mensch ein Recht auf Suizid? fragte ein Mädchen. Der Mensch hat nicht so ein Recht. Ich sagte euch: die Realität - das ist der Wille Gottes.. Euch wurde dieses Leben gegeben, das ist der Wille Gottes, und keiner kann es außerhalb seines Willens von euch nehmen. Um so mehr habt ihr selbst nicht das Recht, das Leben zu verlassen. (Vadims Erzählungen, S.40)
Sergej Torop vertritt auf dem Hintergrund seiner Weltanschauung ein konservatives Männer- und Frauenbild. Er geht dabei von zwei Prinzipien aus. So ordnet er dem Mann das Geistige und der Frau das Natürliche zu. Die Frau kann nach seiner Auffassung das Geistige nicht ohne den Mann erreichen und der Mann nicht ohne die Frau das Natürliche. Gesellschaftliche und private Probleme entstehen angeblich, weil keine Entwicklung in Harmonie geschieht. Die angefügten Zitate verdeutlichen diese Auffassung: Die Frau ist für das Essen, für die Kinder, für das Haus verantwortlich und sie ist bestrebt, schön zu sein. Der Mann braucht es, daß er die Schönheit bewundern kann (Die Kirche, S.14, Anhang).
Die Frau ist gerade dazu berufen, darauf zu achten, wie der Mann aussieht. Und wenn er mit seiner Arbeit beschäftigt ist, kommt sie und veredelt sein äußeres Aussehen. Und wenn man die weiblichen und männlichen Eigenschaften bildhaft darstellt, so werde ich das jetzt mit anderen Worten ausdrücken. In Mann und Frau gibt es zwei Prinzipien: das Geistige und das Natürliche. In der Frau ist das Natürliche das Gebende Prinzip und das Geistige das Nehmende Prinzip. Beim Mann ist das umgekehrt. Das geistige Prinzip ist das gebende und das Natürliche das nehmende Prinzip. Nur bei der Vereinigung geschieht die gegenseitige Ergänzung. Der Mann ist dazu berufen, die geistige Welt der Frau zu ergänzen, sie aber ergänzt ihn mit der Kraft der Natur (a.a.O. S.15, Anhang).
...und in diesem Thema (Anm. Gott und Erde) sind die wahren Eigenschaften der weiblichen und männlichen Prinzipien verborgen (a.a.O. S. 14, Anhang). Die vollständige Entwicklung der menschlichen Seele geht bei der Erschaffung der Harmonie zwischen dem männlichen und dem weiblichen Prinzip vonstatten. Denn alles, womit ihr von der Mutter-Erde und dem Himmlischen Vater versehen wurdet, muß harmonisch zusammenklingen (a.a.O. (2), S. 78).
2. Bewertung
Torops "Predigten" und "Belehrungen" bestehen aus einem Gemenge verschiedener Glau- benselemente. Aufgrund der Vermischung und gegenseitigen Durchdringung unterschiedlicher Gedankenwelten ist es in diesem Rahmen nur möglich, einige der Überlieferungsstränge aufzuzeigen, aus denen der "einheitliche Glaube" Vissarions schöpft. Für den in Weltanschauungsfragen kundigen Leser seiner "Botschaften" lassen sich die Vorstellungen bestimmten Quellen und Zeitgeistströmungen zuordnen. Einige davon seien hier genannt, wobei kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird.
Nach der Stellung, die Torop in der Gemeinschaft einnimmt, nach seinen Lehren und dem Erscheinungsbild der Gruppe handelt es sich dem Typus nach um eine Neuoffenbarungs-Gemeinschaft, allerdings mit typisch russischen Einfärbungen, z. B. die besondere Rolle Russlands zur "Rettung der Menschheit" (Die Kirche, S.36) / "Leben in der Gemeinschaft" (s. S.3) / "Wogen der Kälte" (Die Kirche), S.9) / "ausgesäte Kältesamen" (a.a.O. S.11) /"Kälteangriff" (a.a.O.- S.20). Trotzdem gibt es erhebliche Übereinstimmung in Lehre und Lebensform mit zwei im deutschsprachigen Raum entstandenen religiösen Gruppierungen: So schart sich im südlichen Schwarzwald um das "Sprachrohr Gottes", Frau Erika Bertschinger-Eicke, genannt" Uriella", die Gemeinschaft Fiat Lux und um die "Prophetin der Jetztzeit", Gabriele Wittek, im Würzburger Großraum das Universelle Leben. Deren Christusbetriebe und ökologischen Höfe erinnern - die deutschen Verhältnisse eingerechnet - stark an den Sozial-Ökologischen Verband in Sibirien. "Vissarion" geht allerdings in Bezug auf seine Funktion einen Schritt weiter, er ist nicht nur Offenbarungsmedium, sondern Religionsgründer. Wie seine weiblichen Pendants hat er jedoch ein Initiationserlebnis vorzuweisen: "Und dann, mit 29 Jahren..... Schließlich wurde sich Vissarion seiner selbst bewußt, auch das Gedächtnis mit über 2000-jähriger Vergangenheit erschließt sich"(s. S.5 oder kleine Krume, S.57). Ebenso vermittelt er "Wortoffenbarungen", fällt dabei jedoch, soweit bekannt, nicht in Trance. In allen drei Gruppen wird der Vegetarismus bis hin zu seiner radikal-fundamentalistischen Spielart, vegan zu leben, propagiert. Ähnlich wie die beiden o. g. Gründerinnen deutschsprachiger Gruppierungen macht Torop Anleihen bei der christlichen Tradition, bezieht sich jedoch dabei z. T. auf sein orthodoxes Umfeld ( s. S. 3). Die Bibel wird von ihm oft zitiert, allerdings werden allgemeine christliche Glaubensüberzeugungen umgedeutet, verändert, ergänzt oder einfach abgelehnt (s. auch S.7). Dieser Umgang mit der christlichen Tradition führt u. a. dazu, dass er behauptet: "Das alte Testament wurde nicht von Gott gegeben. Das sind die Gesetze des Seins, des Weltalls,....(Die Kirche, S.8,Anhang). Eine weitere Parallele zu hiesigen Neuoffenbarungsgruppen ist die Bereitschaft, eine Vielzahl von nicht-christlichen Glaubenselementen aufzunehmen und daraus einen "Einheitliche(n) Glaube(n) zu formen" (a.a.O. S.5). Nach dem Selbstverständnis von S. T. wurde das "letzte Testament übermittelt, um den großartigen Heiligen Zusammenschluß aller existierenden Religionen zu verwirklichen" (kleine Krume, S.18). Dieser beabsichtigte Zusammenschluß führt notwendigerweise zu einer synkretistischen Gemengelage, deren Zusammensetzung sich an den Formulierungen des neuen Glaubens ablesen läßt:
"Die Wurzel des Weltalls ist der Alleinige, oder, wie man ihn im Osten nennt - das Absolute. Er ist der gewaltige Weltvater und Vater von allem Existierenden in Ihr. Er ist der Ursprung der Wahrheit des materiellen Seins und die Quelle des Lebensgeistes (der materiellen Lebenskraft). Der Alleinige ist der Vater der großen Weiblichen Urquellen - der Planeten, Monde und Sterne. Und da er kein geistiges Gewebe besitzt, so enthält Er weder Gutes noch Böses. ... Die wundervolle, duftende Knospe im All ist für den Menschen der Himmlische Vater. Er ist der großartige Vater der menschlichen Seelen und Sohn des Alleinigen. Euer Gott ist der Ursprung der Wahrheit des geistigen Seins und die Quelle des Heiligen Geistes (der geistlichen Lebenskraft). .... Die Entstehung Seiner strahlenden Wesenheit verdankt Er der Verschmelzung des Lebensgeistes mit der einzigartigen Energie aus dem Herzen der Mutter-Erde. Diese großartige Zeit wurde erleuchtet vom Licht der Geburt des Alleinigen Sohnes, denn es gab und wird keine Wiederholung geben. ... Der Lebensgeist, der vom Alleinigen ausgestrahlt wird, durchdringt den menschlichen Körper, erhält in ihm, nach einem bestimmten System fließend, die Energiezirkulation und ernährt alle inneren Organe des Körpers" (a.a.O. S.11f).
Hinter der Vorstellung des "Alleinigen" steht vereinfachtes neohinduistisch geprägtes Gedankengut. Brahman wird im Advaita Vedanta als das Absolute, der ungeteilte Eine-Welt-Geist, formen-, namen- und zeitlos, verstanden. Die materielle Welt wird von den Hindus als Teilentfaltung gesehen und eine Rückkehr zum Urzustand durch Meditation und Erkennen für möglich gehalten. Ob diese hinduistischen Vorstellungen bei den Formulierungen des oben zitierten Toropschen Glaubensbekenntnisses direkt Pate standen, oder ob sie über die Theosophie vermittelt wurden (s.u.), läßt sich schwer sagen. Allerdings empfindet der kundige Leser Vermischungen mit christlichem Glaubensgut, etwa in Gestalt der Rede vom Dreieinigen Gott (Vater, Sohn und Heiliger Geist) als merkwürdig und sektentypisch.
Sergej Torop scheint Gedanken der Theosophie intensiv aufgenommen zu haben. Obwohl er davon abrät, Helena P. Blavatskys Werke zu lesen, begegnet man deren Ideen in seinen Ausführungen auf Schritt und Tritt. (vgl. S.12 ) Die Theosophie, geprägt von ihrer deutsch-russischen Begründerin, stellt selbst schon eine synkretistische Weltanschauung dar, in der verschiedene spiritistisch-esoterische Vorstellungen mit fernöstlicher Religiosität verbunden wurden. Dabei ist es das Ziel der Theosophie, "durch esoterisches Erkennen und okkulte Schulung sowie das Studium fernöstlicher Religiosität eine höhere Form von ´Wahrheit´ zu erlangen, als es durch bloßes ´Glauben´ möglich wäre. Aus dem Hinduismus hat die Theosophie das Denkmodell von Karma und Reinkarnation und die Vorstellung von einem kosmisch-göttlichen Urprinzip übernommen, aus dem alles sichtbar Existierende hervorgegangen sei..."( Kompaktlexikon, S. 340) In die Theosophie eingeflossen sind weiterhin Vorstellungen des Spiritismus, die sich auch bei Torop wiederfinden, was sich im Reden von "Astralhüllen", "Geistern", "Passieren eines Korridors" nach dem Tod (Die Kirche, S.16), "Höheren Welten" (a.a.O. S.22), "geistigem Gewebe" (a.a.O. S.11, 38 u.a) und vielem anderen mehr bis hin zum zeittypischen UFO-Spiritismus zeigt. Selbst die theosophische Vorstellung von den aufgestiegenen Meistern ist bei ihm wiederzufinden:
"Die eindrucksvollsten Missionen solcher Art erfüllten einige östliche Meister, die vom Absolut kamen. Sie besaßen kein geistiges Gewebe. Ihre Mission beendend, verschwand ihr Körper bei bestimmten wunderlichen Erscheinungen, eine feinere Hülle der materiellen Lebenskraft zurücklassend. Wonach die Meister in eine Welt gingen, die das Himmlische Shambala genannt wird. Diese Welt hat mit der Welt des Himmlischen Vaters nichts gemein." (a.a.O. S.22)
Torop denkt sogar an die Begründung einer neuen menschlichen Rasse, wenn es um die von ihm geschaffene Gemeinschaft in Ostsibirien geht. Auch dieser Gedanke spielt in der Theosophie eine Rolle. Es geht dort um die "kosmische Pädagogik" mit dem Ziel, eines "okkulten Übermenschentums" - oder - wie Theosophen sagen: eines "Aufstieg(s) zum bewussten Gottmenschentum" (Ruppert, S.69). An solchen Vorstellungen wird deutlich, dass die Gemeinschaft um Torop auf dem Weg ist, ein elitäres Bewußtsein auf religiöser Grundlage zu entwickeln. Zudem glaubt man, die Wahrheit über Gott, Mensch und die Welt in Besitz zu haben.
Auf neohinduistisches und/oder theosophisches Gedankengut stützen sich auch Torops Reden über die Seelenwanderung (Reinkarnation) und die erschreckenden Schuldzuweisungen an Eltern, deren Kind gestorben ist (vgl. Die Kirche, S.16). Diese Schuldzuweisung hängt vermutlich mit Torops westlich-esoterischem Verständnis von Karma zusammen. Denn im Hinduismus bedeutet "negatives Karma" (eine Art Wiedergeburts- Energie) Abstieg und Bestrafung. (Vgl. Kompaktlexikon, S.189) Auch die Abhandlungen über das männliche und weibliche Prinzip (vgl. S.12), das angeblich schon im Schöpfungsakt angelegt ist ( der Alleinige ist der Vater der großen Weiblichen Urquellen, s. o.), weisen auf neohinduistisches Gedankengut hin (Vorstellung von der Vereinigung des Lingam und der Yoni als Rückführung in das ungeteilte Urprinzip vor der Schöpfung im Shiva-Kult). Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass Torop über recht gute Kenntnisse der neohinduistischen Guruszene zu verfügen scheint. So erwähnt er die umstrittenen Gurus Babaji und Sathya Sai Baba (Die Kirche, S. 42). Der letztgenannte Guru hat möglicherweise die Ideenwelt Torops beeinflußt. Sathya Sai Baba propagiert ähnlich wie Torop eine Welt-Einheitsreligion, eine sogenannte "Sai-Religion".
Doch nicht nur Theosophie und Neohinduismus liefern die Bestandteile für Torops religiöse Welt. Auch deren historische Fortführung, die New-Age-Bewegung der siebziger und achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts, wurde von ihm rezipiert. Es handelte sich um "eine spirituelle Bewegung, die Anfang der 70er Jahre in Großbritannien aufkam und sich über die USA in der westlichen Welt verbreitete...New-Age- Anhänger glauben, dass die Menschheit jetzt an der Schwelle zu einer neuen Zeitepoche steht, die auch `Wassermann-Zeitalter` genannt wird und das bisherige, seit 2000 Jahren währende (christliche) `Zeitalter der Fische´ ablöst....Das neue Zeitalter, so glaubt man, wird bestimmt sein von Liebe und Harmonie unter den Menschen, nicht mehr von Hass und Krieg, Leid und Terror, wie es für die `Fische-Zeit´ charakteristisch gewesen sei. `Neue Menschen´in einem ´neuen (ganzheitlichen) Bewusstsein´ werden auf einer ´neuen Erde´ leben, da sie dann alle Gegensätze und Kontroversen (Mann-Frau, Denken- Glauben, Welt-Gott, westliche Wissenschaft - östliche Religiosität usw.) von negativen Aspekten befreit haben werden...." (siehe Kompaktlexikon, S.246f.) Die Parallelen zur Denkweise Torops sind unübersehbar und brauchen nicht weiter ausgeführt zu werden. Sie reichen - so weit, daß die Zeitschrift "Wege" von einer "Vision des Wassermann-Christentums" (Wege, S.5ff) spricht. Für die Redaktion stellte sich Vissarion also gerade als Vertreter einer New Age-Version des Christentums dar. Innerhalb der New-Age-Bewegung spielt Naturmystik und die Romantik des einfachen, naturnahen Lebens eine wichtige Rolle. Immer wieder spricht Torop von "Mutter Erde" (vgl. S.7f). Im Video werden Rituale gezeigt, die in diesen Zusammenhang gehören. Die Art und Weise, wie Torop seine "Mutter-Erde"-Vorstellungen verbreitet, läßt an die in der New-Age-Bewegung bekannte "Gaia-Theorie" denken:
"Dabei handelt es sich bei der Erde aus Geosphäre, Atmosphäre und Biosphäre um einen Überorganismus mit einem umfassenden Bewußtsein, während das individuelle menschliche Bewußtsein lediglich ein Bruchstück des Ganzen umfassen kann. Es kommt deshalb für den einzelnen Menschen und für die ganze Menschheit darauf an, sich mit dem individuellen oder kollektiven Bewußtsein in das planetarische Bewußtsein der Erde einzufügen oder, besser, sich innerlich darauf einzuschwingen, sodass sich im Teilbewußtsein das gewaltige Ganze widerspiegeln kann. Hand in Hand mit dieser Sichtweise geht eine manchmal unterschwellig wirksame, manchmal ausdrücklich vertretene Verschmelzungsmystik, die in der Trennung des Individuums von der Natur die Quelle aller Übel sieht und die sich nach der Aufhebung von Leid und Schuld im Einssein mit der Natur und der Welt sehnt." (Vgl. Hemminger/Keden, S.91)
Die gedankliche Übereinstimmung ist so auffällig, daß man immerhin vermuten kann, Torop habe seine Kosmologie und Anthropologie eher der älteren okkulten Tradition Europas entnommen, seine spirituelle Ökologie dagegen eher der New-Age-Bewegung. Ihren Visionen verdankt sein sibirisches Projekt wohl auch die - Faszination, die es auf viele Menschen auszuüben scheint. Man könnte auf der praktischen Ebene (wenn man vom religiösen Anspruch Vissarions absieht) von einer russischen Version der Findhorn-Kommune sprechen und Parallelen zu früheren technikfeindlichen spirituellen Neusiedlungen ziehen, bis hin zur Täuferbewegung. Auch in der schottischen Findhorn-Kommune, einer 1965 gegründeten New Age Gemeinschaft mit heute ca. 200 Mitgliedern steht die Verehrung der Natur und des Lebens in Harmonie mit ihr im Mittelpunkt. Die Zukunft der Siedlung in Sibirien wird vermutlich davon abhängen, ob es den Siedlern gelingt, die krude religiöse Ideenwelt Vissarions und seine teilweise mehr als fragwürdige Ethik aus dem Alltagsleben herauszuhalten. Mit anderen Worten, viel wird davon abhängen, ob religiöses Eiferertum oder ökologische Visionen in der Praxis die Oberhand gewinnen.
Fazit
Torop bietet sich mit seinen Reden und Selbst-Inszenierungen (siehe Video) als Projektionswand an für die Sehnsucht seiner Anhänger nach Frieden, Harmonie und Wärme, aber auch als Retter in Zeiten tiefer Verunsicherung. Es ist nicht verwunderlich, dass Torop, der verschiedene Berufe, unter anderem anscheinend auch den des Milizionärs ausgeübt haben soll, gerade in Russland Erfolg hat, denn der gesellschaftliche Umbruch hat weite Bevölkerungskreise tief erschüttert. Torop lässt keine Frage unbeantwortet, sei sie noch so trivial. Die Antworten enthalten oft herbe Kritik am Fragenden und scheinen keinen Widerspruch zu dulden. Was er übermittelt, wird zur Wahrheit nach dem Motto "Amen, ich sage Euch..." (siehe Die Kirche, S.15-69). Von Widerspruch und Diskussionen liegen keine Berichte vor. Von seinen Anhängern wird akzeptiert, dass seine Ideenwelt aus den verschiedenen weltanschaulichen Versatzstücken konstruiert wurde. Es gibt dabei viele Bruchstellen, Überzeugungen, die nicht zusammenpassen und sich auch widersprechen.(z.B. Gnade und Karma, der Mensch als einmaliges Geschöpf Gottes und Seelenwanderung, magischer "Mutter-Erde"-Glauben und Leben im Industriezeitalter und vieles mehr). Seine Belehrungen tragen mitunter groteske Züge, wenn es z.B. um ein neues Gesellschafts- und Wirtschaftssystem (siehe S.3) oder die Haltung Kranken gegenüber geht: "Einen Ungläubigen darf man nicht heilen, einen Gläubigen braucht man nicht zu heilen." (Vadims Erzählungen, S.40). Manches, was er zu diesem Thema vermittelt, grenzt an den Aufruf, Hilfeleistungen gegenüber kranken Mitmenschen, auch Kindern, zu unterlassen. So läßt sich abschließend nur feststellen: Wenn die Gemeinschaft in der russischen Taiga so radikal lebt, wie Torop es predigt, könnte aus seiner Erfolgsgeschichte nicht nur eine Sektengeschichte werden. Es wären dann auch Schäden an der physischen und psychischen Unversehrtheit nicht auszuschließen.. Wenn es der Siedlung allerdings gelingen sollte, zwischen praktischen Notwendigkeiten und religiösen Imperativen Kompromisse zu machen, könnte die künftige Geschichte auch anders verlaufen. Das wird nicht unerheblich von Vissarion selbst abhängen.
Literatur
1. Vorliegendes Material für die Bewertung
Eine kleine Krume aus dem Wort von Vissarion welches Das letzte Testament des himmlischen Vaters ist, der ihn gesandt hat, Sofia 1998 Die Kirche des letzten Testament, http://www.vissarion-unifaith.net/wissar2_germ.htm
Öko-Siedlung in der Taiga, Bericht des Generaldirektors der autonomen Abteilung "Tabra" des Sozial-Ökologischen Verbands"Tiberkul", Dr. Stanislaw Kasakov, Mai1997 http://www.vissarion-unifaith.net/vis_taiga_germ.htm
Die letzte Hoffnung Appell an die gegenwärtige Menschheit (ohne Datum)
Video: Vissaron - Gemeinschaft in Sibirien (Selbstdarstellung)
Matwej Rodov : "Kirche des letzten Testamentes, Sekte von Wissarion", Februar 1999
Glaube in der 2. Welt, Zeitschrift für Religionsfreiheit und Menschenrechte 1993/21. Jahrgang Nr. 1
Idea Spektrum, Nachrichten und Meinungen aus der evangelischen Welt Nr. 23, 7.6.2000
Wege, Zu Transformation, Lebenskunst und Befreiung 98/4 (Hg. Dr. W. Dahlberg)
Weiteres Selbstdarstellungsmaterial ( Auszug aus der Zeitschrift TARO 00/1, Gebet, "Vadims Erzählungen", Teil 6 (1996) )
Diverse Mitteilungen von Ratsuchenden und Anhängern
2. Weitere Literatur
Hauth, Rüdiger, Kompaktlexikon Religionen, Wuppertal 1998
Hemminger / Keden Seele aus zweiter Hand, Psychotechniken und Psychokonzerne, Stuttgart 1997
Ruppert, Hans-Jürgen, Theosophie - unterwegs zum okkulten Übermenschen, Konstanz 1993
Anmerkung 1:
Das zur Bewertung vorliegende Material ist im Literaturverzeichnis angefügt Die Quellenangabe im Text erfolgt mit dem Kurztitel, bzw. Autor Anm.:Die Zitate wurden in der Originalfassung mit vorhandenen Rechtschreibfehlern übernommen.
Dr. habil. Hansjörg Hemminger
Ev. Gemeindedienst für Württemberg
Arbeitsstelle für Weltanschauungsfragen
Gymnasiumstraße 36
70174 Stuttgart
Tel.: 07 1120 68 237 / 238
Fax: 07 1120 68 322
Pfarrer Joachim Keden
Haus Landeskirchlicher Dienste
Referat Sekten- und Weltanschauungsfragen
Rochusstraße 44
40479 Düsseldorf
Tel.: 0211 3610 246