Buchreligion
Der Begriff Buchreligion kam Ende des 19. Jahrhundert auf und wurde durch den Religionswissenschaftler Friedrich Max Müller eingeführt und in der Folge vor allem durch Robert Ranulph Marett als Abgrenzungsbegriff zu den sogenannten "primitiven Religionen" verwandt.
Ulrich Dehn schreibt im Materialdienst 2/2005 zur Definition des Begriffes folgendes:
"Das Wort "Buchreligion(en)" ist kein religionswissenschaftlicher Terminus. In der Religionswissenschaft ist von Heiligen Schriften und von der Unterscheidung von Schriftreligionen und vorschriftlichen Religionen die Rede, aber auch die letztere Unterscheidung hat nur geringen heuristischen Wert, weil viele vorschriftliche Religionen irgendwann schriftlich geworden sind oder von der Gattung her eher als regionale Kulttraditionen zu betrachten wären." ... "Der Terminus Buchreligion ist im Unterschied zur Schriftreligion ein theologischer Begriff der islamischen Theologie. Er ist eine aus dem Koran herleitbare Konvention aus der Wendung "Leute des Buchs/der Schrift" (ahl al'kitab), ähnlich wie dies der Fall ist mit dem sich daran anschließenden Konstrukt der drei monotheistischen oder abrahamitischen Religionen, die an vielen Orten zum "Trialog" zusammenkommen." (Materialdienst 2/2005 [Stand: 08. 01. 2015])
Der Begriff wird in der modernen Religionswissenschaft nicht verwendet, da er wertend ist und keinen heuristischen Wert besitzt. Zudem ist es problematisch, die Weltreligionen nur unter der Frage, ob sie einen Schriftenkanon besitzen oder nicht, zu beurteilen, da auch ehemals schriftlose Religionen später einen kodifizierten Schriftenkanon entwickelt haben. So wurde zum Beispiel die Thora, die fünf Bücher Mose, erst ca. 800–250 v. Chr. zur normativen Heiligen Schrift des Judentums. Der Bibelkanon des Christentums wurde erst um 400 n.Chr. endgültig fixiert.