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Religiolexikon

Mazdaznan

GND-Nummer

4295807-6

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Kurztext

Name einer amerikanischen neureligiös-weltanschaulichen Vereinigung, deren Gedankengut sich aus einer Mischung ( Synkretismus ) persischen, hinduistischen und christlichen Elementen zusammensetzt.

Haupttext

Die Sekte geht auf Otto Hanisch (Otoman Z. A. Ha'nish, 1844-1936), Sohn des russischen Botschafters in Teheran, zurück, der sie 1917 in Kalifornien unter dem Namen Reorganized Mazdaznan Temple Associates of God gründete. Der Name geht auf ein mittelpersisches Wort zurück und bedeutet Meister des Gottesgedankens oder Der gute Gedanke, der alle Dinge zum besten meistert. Der Bezug auf Meister legt nahe, dass sich Mazdaznan als Herr über die Philosophie und Religion versteht.

Die Gruppe ist konfessionskundlich als synkretistische Selbstverwirklichungs- und Selbsterlösungslehre zu verstehen. Dabei werden christliche Elemente, altpersische und freimaurerische Gedanken miteinander vermischt. Mazdaznan hat eine eigene Schöpfungsmythologie geschrieben. Danach habe die Gottheit Yehi von jeder Menschenrasse je ein Paar geschaffen. Aber um 12 000 v. Chr. sei die weiße Rasse zum auserwählten Volk erkoren worden. Diese Rasse sei dann weiter vervollkommnet worden und hätte in der Tochter des königlichen Paares Ainyahita ihr Ziel gefunden. Ainyahita sei dann zur Stammmutter der späteren arischen Rasse geworden, die durch den Priester Zarathustra zum Monotheismus geführt worden sei. Aufgabe des Menschen sei es, die Erde anzubauen und die Wüsten in ein Paradies zu verwandeln. Mazdaznan entwickelte aus dieser Schöpfungsmythologie dann eine eigene Theologie in derem Mittelpunkt der Mensch steht. In seiner Macht stünde es, die Erde entweder in ein Jammertal oder in blühende Landschaften zu verwandeln. Die Geschichte wird als Dekadenzgeschichte verstanden, nach der die Menschheit durch rassische Vermischung und priesterliche Herrschsucht vor ursprünglichen Ziel, Eins mit der Gottheit zu sein, immer wieder abgefallen sei. So wird z.B. Paulus unterstellt, er hätte die ursprüngliche Botschaft Jesu verfälscht und entstellt.

Die 1917 gegründete Reorganized Mazdaznan Temple Association of Associates of God wurde die Trägerin der Weltbewegung. In ihrem Statut wurden Hanish und seinen späteren Nachfolgern als Elektoren absolute Autorität zuerkannt. Religionswissenschaftlich gesehen, wurde dadurch die Führungsmacht der Leitung sichergestellt. Die Mitglieder sind in Logen mit einem eigenen Logengradsystem organisiert. Die Mitglieder des ersten Grades haben die Funktion von Priestern. An Feiern gibt es den zarathustrischen Ehesegen, die Einsegnung der Kinder, das "Gehen durch die Wasser" (vergleichbar mit einer Beichte), die Feier des Linsenmahles, einem Liebesmahl, welches mit Brot und Wein als den Symbolen der reinen Ernährung begangen wird.

Theologisches Leitmotiv: Gutes tun, Gutes denken, Gutes reden. Im täglichen Leben spielen umfassende Körperpflege mit Waschungen und vegetarische Ernährung eine besondere Rolle. Im Internet wird in der Gegenwart besonders die vegetarische Ernährung in den Mittelpunkt gestellt.

Die Sekte ist in Deutschland seit 1907 nachweisbar und wurde in der Frühzeit von den Deutschschweizern David und Frieda Ammann verbreitet. Hanish selbst besuchte ab 1911 immer wieder Deutschland. Seine Vorträge brachten der Bewegung regen Zulauf, zumal in dieser Zeit die öffentliche Stimmung für spirituelle und spiritistische Gedanken besonders günstig war. Es entstanden in allen großen Städten Logen. 1914 wurde Amman aus Leipzig ausgewiesen, weil die Lehre Mazdaznan zu "gesundheitsschädlichen Handlungen verleite" und "unkritische Geister verwirre". Hinter diesen Vorwürfen stehen die besonderen Ernährungsvorschriften der Bewegung. Amman wich daraufhin in die Schweiz aus, wo er 1915 eine Mazdaznan-Siedlung (Aryana) eröffnete. 1935 wurde Mazdaznan in Deutschland verboten und auch nach 1945 in der DDR nicht wieder zugelassen. In der Bundesrepublik wurde die Arbeit dann von der Deutschen Mazdaznan-Bewegung getan. 

Mazdaznan bietet europaweit zahlreiche Übungsgruppen z. B. in Berlin, Bonn, Görlitz, Hamburg usw. an, in denen " vertiefte" Atmung, zur Gesunderhaltung, Reinigung von Körper, Seele, Geist, zur Regeneration, und Verjüngung" (Webseite.) erlernt werden soll. "Mit Gesang und Bewegung und viel Fröhlichkeit bringen wir Schwung in den Körper, atmen Altes raus und nehmen viel Neues auf. " ( a.a.O )

Zusammenfassung

Im Internet präsentiert sich die Gruppe hauptsächlich auf dem alternativen und esoterischen Ernährungs- und Meditations markt, der alles adaptiert, was irgendwie fremd, alt und bedeutungsvoll klingt. Dabei spielt in der Regel der geistesgeschichtliche Kontext keine Rolle, sonder das wird als "gesund" und "wertvoll" dargestellt. Das Problem hierbei ist, dass über diesen Weg mittels der modernen Kommunikation auch ein rechtes und nazistisches Gedankengut weiter tradiert wird. Ich würde die Gruppe zur rechtslastigen Esoterik zählen.

Die Bewegung hat, historisch gesehen, wegen ihres Rassedenkens ein problematische Vergangenheit. Adolf Stock weißt in seinem Beitrag Dubiose Sinnsuche der Modernisten besonders auf die Beziehung zum Bauhaus in Weimar hin. Er schreibt:

"Mazdaznan war am Bauhaus „keine externe Strömung“, sondern eine „intern verkündete Heilslehre“, so bewertet der Bauhaus-Kenner Ulrich Linse den Einfluss der Reformreligion. Nicht nur Itten, auch der Maler Georg Muche glaubte an Mazdaznan, und selbst Bauhaus-Gründer Walter Gropius war lange Zeit empfänglich für die indisch geprägte Heilslehre, für die Philipp Oswald, ehemaliger Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau, kritische Worte findet. Oswald: „Das hört sich ja erst mal sehr schön an: transkulturell, Bauhaus und Indien, die indische Kultur. Was aber selten genannt wird: dass mit dem Mazdaznan-Kult ein starker Rassismus einhergeht. Es gibt von Itten auch eine berühmte Zeichnung, ‚Der weiße Mann‘, die explizit rassistisch ist. Itten hat dann einen rassentheoretischen Text geschrieben über die Kulturgeschichte der Menschheit. Das sind Dinge, die man dann in diesem Zusammenhang auch mal erwähnen muss.“"

 

Bibliographie

Deutsche Nationalbibliothek

Indes Theologicus

Link zu Wikipedia
Autoren Winfried Müller
Geändert 11.03.2019