Erweckungsbewegung
Grundlage der Erweckungsbewegung ist die Sehnsucht der Gläubigen nach einer Erneuerung des Glaubens. In der Regel geht sie davon aus, dass das traditionelle Glaubensleben als erstarrt, formal und "verkrustet" erlebt wird.
Die Erweckungsbewegung hat kirchenhistorisch ihre Wurzeln als Gegenbewegung zum Rationalismus der Aufklärung.
"Aus der Vorstellungswelt der Aufklärung ist das sog. "natürliche System der Geistenswissenschaften" für die Bewegung am meisten charakteristisch. Es gründet Religion, Moral, Staatsverfassung, Wirtschaftsordnung und Recht auf die "Natur" oder die "Vernunft", beurteilt das geschichtlich Gewordene, das mit den Forderungen der "Vernunft" nicht übereinstimmt, als Entfernung von dem ursprünglichen, normativen Zustande und verwendet gegenüber den bestehenden Zuständen die "Vernunft" als kritische Norm: Das Natürliche und Allgemeingültige ist das allein Wahre. Die Elemente dieses "natürlichen Systems" stammen aus der Stoa, waren schon im kirchlichen Altertum in die kirchliche Theologie übernommen nd im 16. Jh. von der protestantischen Theologie beibehalten worden und fanden im 17. Jh. infolge der erneuten Beschäftigung mit der Stoa weite Verbreitung unter den Gelehrten." (Karl Heussi: Kompendium der Kirchengeschichte (13. Aufl.) S. 384f. f.)
Diese Überbetonung des Rationalen führte zu einem Defizit spirituellen Glaubenserlebens und es entstand eine Sehnsucht nach praktischer Glaubenserfahrung, man wollte Glauben und christliches Leben wieder "erleben" und nicht nur mit dem Kopf "verstehen".
In der Kirchengeschichte tauchten immer dann Erweckungsbewegungen auf, wenn sich kirchliches Glaubensleben nur noch nach formalen Abläufen und formaler "Sitte" richtete, wenn man zur Kirche ging, weil es sich "einfach gehörte" und weil es "immer so" war. Sie ist ein bedeutender Teil der evangelischen Frömmigkeitsgeschichte bis auf den heutigen Tag. Erweckungsbewegungen stehen wegen ihrer sehr intensiven und oft auch fundamentalen und devianten Glaubenspraxis oft in der Gefahr, ins Sektierertum zu verfallen.