Thelema
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Thelema ist ein Euphemismus für alles, was aus Aleister Crowleys Feder geflossen ist und mit seiner Biographie zusammenhängt. Thelema ist Crowleys Religion. Je nach Interessenlage nennen Thelemiten diese Religion aber lieber Philosophie oder Lebensweise. Die Bibel der Thelemiten ist Crowleys "Buch des Gesetzes" (auch "Liber AL" genannt) von 1904.
Thelema und O.T.O. verhalten sich wie Christentum zu Kirche. Demzufolge muss man nicht O.T.O.-Mitglied sein, um Thelemit zu sein
In Thelema sind die Lehrsätze an die Doktrin des Wahren Willens angepasst: Jeder Mann und jede Frau haben einen Daseinsgrund, sie haben sich willentlich dazu entschlossen, eine Mission zu erfüllen, obwohl sie diese vergessen haben. Es ist nicht nur ihre Aufgabe, die Erde wieder zu heilen, sondern auch herauszufinden, weshalb sie Thelemiten sind und welche Funktion sie zu erfüllen haben. Viele Anhänger Crowleys sehen sich selbst als Menschenretter.
Thelema ist eine etwas naive Variante der antiken Gnosis . Hier vereinfacht und mit aus dem Volksglauben , zumeist mittelalterlichen Zauberbüchern, orientalischen und arabischen Märchen, angereichert. Vor allem ägyptische Götter beleben den thelemitischen Panthäon. Kabbala und Yoga reichern dieses Konglomerat von okkulten Ideen an.
Vielen Thelemiten ist ein Interesse an vergleichender Religion eigen. Sie vereint ein Glaube an die Universalität religiöser Wahrheiten, eine Distanzierung von den traditionellen Kirchen und ihren Würdenträgern und eine Vorliebe für das Altertümliche. Das steht im Zusammenhang mit dem Authentizitätsproblem von Neureligionen , die sich meist auf einen Ur-Glauben berufen, den Wahren Glauben, die Wahren, originalen Götter, die ursprüngliche Offenbarung. So will Thelema auch das Christentum eines Tages ersetzen.
Einige der utopischen Phantasien von Crowley sind heutzutage kulturell überholt, juristisch und moralisch anstössig und gesellschaftlich inakzeptabel. Hier seien vor allem die heiklen Fragen in Sachen sexueller Kindererziehung genannt.
Zum Beispiel Crowleys Anleitung, dass Kinder Zeugen von jeglicher Art Geschlechtsverkehr sein sollen. Einige O.T.O.-Gruppen vertreten die völlige sexuelle Freiheit und die damit verbundene Sexualerziehung der Kinder. "
Moreover, the Beast 666 [Crowley] adviseth that all children shall be accustomed from infancy to witness every type of sexual act."
Kinder werden in den O.T.O.-Vereinen wie Erwachsene behandelt und sich selber überlassen, Letzteres aus einer Anweisung für O.T.O.-Mitglieder von 1981:
"let the parents show no fear of the safety of the child."
Crowley selber:
"Let children educate themselves to be themselves. Those who train them to standards cripple and deform them."
Crowleys Anleitung zur idealen Kinderzeugung gemäss astrologischer Aspekte weist diesem Kind eine eindeutige Rolle zu:
"this being is thy creation and dependent; to it thou art Sole God and Lord, and it must serve thee."
Crowleys Tagebuch von 1913 enthält eine Verherrlichung der Pädophilie in lateinischer Sprache: Der Junge wird mit
"foaming seed"
geweiht,
"While the other in his orgasm receives the waters." "Let it be no sin to us to have buggered the virle bum." "While the priest thrusts his thyrsus between boyish buttocks, All is accomplished; come Holy Dove!"
Die oben angeführte Textstelle, dass Kinder bei jeglicher Art von Geschlechtsverkehr Zeugen sein sollten, wird von William Heidrick, dem zweitwichtigsten Initiant des Caliphats mit Verweis auf die jeweiligen Landesgesetze umschifft. Fakt im Caliphat ist: Kinder werden nicht initiiert, da ihnen die Erfahrungen der Kindheit fehlen. Die Rituale seien für sie deshalb lediglich eine Art Ausflug mit den Eltern und deshalb ohne wahren Einweihungscharakter. Tiere hingegen habe man schon initiiert, jedoch nicht
"offiziell"
- man geht davon aus, dass Tiere reinkarnierte Menschen sein könnten.
Hier ergibt sich eine skurrile Komplikation mit dem Thema der Tiertötungen. Zum Beispiel die Kreuzigung eines Frosches in einem Rollenspiel, auch Initiation genannt, dem so genannten Einweihungsritual für den VI° des O.T.O.
Thelema im O.T.O. verankert bedient antidemokratische Ideen und gibt sich betont anti-christlich, anti-islamisch und anti-buddhistisch.
Im Kontext von Thelema sind vor allem diejenigen antisemitischen Stereotypen ausschlaggebend, die im Zusammenhang mit der Auslegung von Crowleys "Liber AL" existieren. Crowley verbot explizit, dieses Büchlein (eigentlich ein Gedicht in drei Kapiteln), das als die Bibel der Thelemiten gilt, zu diskutieren: "Those who discuss the contents of this Book are to be shunned by all, as centres of pestilence. All questions of the Law are to be decided only by appeal to my writings, each for himself." Die Bibel Crowleys selber spricht es deutlich aus: "Obey my prophet! follow out the ordeals of my knowledge! seek me only!", Liber AL 1;32.
Deshalb sind die Thelemiten gezwungen, auf Crowleys eigene Auslegungen zurückzugreifen. Im "New Comment to Liber AL" nennt er die heathen (das heisst, die Nicht-Thelemiten): "Christians and other troglodytes - but most especially the parasites of man, the Jews" [III;11]. An anderer Stelle derselben Auslegung zur Bibel der Thelemiten heisst es, "especially Jews and Protestant Christians" seien wie "vernim" auszulöschen [III;18].
In der geheimen und nicht allen Ordensmitgliedern zugänglichen Instruktion zum VIII° des O.T.O. bemüht Crowley ein anderes antisemitisches Klischee: Er beschreibt Juden, die die Kinder von Nichtjuden für Blutmessen schlachteten, um deren Blut als Sakrament zu konsumieren oder für talismanische Zwecke zu verwenden. Dies meint er keineswegs ironisch, sondern als Belehrung: "Consider this" . Falls die Leser diese Anschuldigung (und andere, die in der Instruktion zum VIII° enthalten sind) als "monstrous and extravagant" empfände, sei dies lediglich auf einen "defect" "in their own intuition and apprehension" zurückzuführen.
"Human sacrifices are to-day still practised by the Jews of Eastern Europe, as is set forth at length by the late Sir Richard Burton in the MS. which the wealthy Jews of England have compassed heaven and earth to suppress, and evidenced by the ever–recurring Pogroms against which so senseless and outcry is made by those who live among those degenerate Jews who are at least not cannibals. Is it to such people, indeed, that we are to look for the highest and sublest spiritual knowledge?"
Dies sind nicht die Aussagen irgendeines Thelemiten, sondern des Erfinders von Thelema, des Propheten des Neuen Aeons, des Säulenheiligen des O.T.O. Crowley beschrieb sich selbst am 22. Oktober 1920: "I am the Beast [...] I am Thelema" und am 27. Mai 1917: "I myself AIWAZ have been considering all the time how to act as to Crowley's body and mind." Am 14. Juni 1917: "I am getting quite to the point of habitual recognition of myself as AIWAZ." Aiwaz ist der imaginierte Autor des Buchs des Gesetzes, also von Thelema.
Der weltweit verbreitetste O.T.O., das Caliphat, vertreibt Selbstporträts seines Religionsstifters "suitable for worship." Früh wird eine Weisswäscherkampagne entwickelt, um die dunklen Flecken Thelemas und seines Gründers aus dem Bewusstsein weg zu delegieren. Die von Grady Louis McMurtry 1946 entworfene "Clear Crowley's Name Campaign" führt auf, dass "Crowley was one of the first victims of Fascism - are we to condemn a man for that? Were not Einstein, Toscanini, Thomas Mann, etc. driven before the Fascist storm for being individualists? Here is one of England's foremost literary men etc."
Moderne Thelemiten teilen Crowleys krasse Aussagen nicht in allen Belangen. Sie behaupten, Crowley habe ja auch das Christentum, den Islam und den Buddhismus denunziert. Ausserdem seien viele O.T.O.-Mitglieder jüdischer Herkunft.
Dem ist entgegen zu halten, dass die meisten Thelemiten christlicher Herkunft sind, und dass Antisemitismus sein hässliches Gesicht auch dann nicht verliert, wenn er sich in die Familie von antichristlicher, anti-islamischer und anti-buddhistischer Hetzrede einreiht.
Es gibt etliche Länder, in denen antisemitische Aussagen gesetzlich nicht erlaubt sind und die Anwendung der Anti-Rassismus-Strafnorm nach sich ziehen. Das Caliphat zensiert deshalb besonders problematische Passagen in den Texten Crowleys, zum Beispiel im "New Comment to Liber AL."
Thelemiten sehen sich als Subjekt und die Nicht-Thelemiten als Objekt, als benutzbare
"Sklaven, die dienen."
Letzteres bezieht sich auf alle, die nach Ansicht der Thelemiten in Unfreiheit leben: Abhängige, Süchtige, Schwache: in anderen Worten: Versklavte. Thelemiten versuchen, gegenüber der Öffentlichkeit Rituale oder Ritualanleitungen, wie die Mass of the Phoenix, Liber Nu, Liber Had, Liber Astarte, Liber Thisharb, Liber VII, X, LVX, XC, CCXXXI und andere aus der Wahrnehmung verschwinden zu lassen, indem kaum darüber diskutiert wird, da diese im sozialen Kontext problematisch scheinen.
"Der Grund, dass [...] Aspekte von Thelema ausgelassen sind, ist das aktuelle Problem, wie Thelema in der Öffentlichkeit als Religion darzustellen ist, um so vom Staat anerkannt zu werden. Thelema ist ganz eindeutig konträr und an den Grenzen der normativen Gesellschaft. Thelema weist die normativen Werte und Moral ab und zielt auf die Ueberschreitung und Verletzung eben dieser Normen. Die Miteinbeziehung von Drogen in die Rituale, die positive Betonung der Sexualität, die als Werbung für Promiskuität angesehen werden kann und der autoritäre und pro-Nietzscheanische Aspekt von Thelema zwingen die normative Gesellschaft zur Ablehnung und gleichzeitig ermutigt Thelema seine Anhänger, die meisten Aspekte der normativen Gesellschaft abzulehnen."
Zum Beispiel:
"The weak, the timid, the imperfect, the cowardly, the poor, the tearful - these are mine enemies, and I am come to destroy them,"
Liber Tzaddi (XC): 25.
Thelemiten, wie viele Okkultisten, leben in einem dichotomen, manichäischen Weltbild, worin sie die Auserwählten, die Überlegenen und die anderen Nichts sind. Diese Thelemiten (es gibt sicherlich auch Ausnahmen) leben in einem Universum beherrscht von Gut und Böse. Im thelemitischen Gedankengut herrscht nun auch das Bestreben nach dem Jenseits von Gut und Böse, was als das Durchqueren des Abyss bezeichnet wird. Vorerst jedoch gilt: Alles ist entweder Gut oder Böse, Meister oder Sklave, Täter oder Opfer, Gott oder Untermensch. Das spiegelt sich im Sprachgebrauch wider, sobald unliebsame Mitglieder, Ex-Mitglieder, Kritiker, die Kirche, der Staat, Behörden oder wer auch immer ins Visier genommen werden. Dem widerspricht die Selbstdarstellung gegenüber der Öffentlichkeit, aus der man Mitglieder fischt. Eugen Grosche, der Gründer der Fraternitas Saturni , sprach in diesem Zusammenhang von "Menschenmaterial."
Totalitär ist nicht nur die religiös-philosophische Ideologie von Thelema, sondern auch die Gefühlshaltung, die Wertvorstellungen, die Ansichten über das Auserwähltsein, die Rollenidentifikationen, das projizierte ungerechte Schicksal der Thelemiten und die daraus abgeleitete gerechtfertigte Prädominanz über die Nicht-Thelemiten. Politisch gesehen äussert sich das im Antidemokratischen, egal welcher Couleur.
Crowley sah seine Religion als staatsbeherrschend: "Es ist beabsichtigt, dass die weltliche Macht des Staates zum Gesetz [von Thelema] gebracht wird."